Ostsee-Kreuzfahrt auf der AIDAvita - Ein Tagebuch
Von Klaus Bötig | 23.Mai 2016
Bisher waren Kreuzfahrten gar nicht mein Ding, wie jeder sieht, wenn er ein wenig in meinen Blogs herumstöbert. Und jetzt bin ich schon seit 42 Stunden mit der AIDAvita unterwegs - auf einer 14-tägigen Ostsee-Kreuzfahrt von Kiel über Visby, Stockholm, Mariehamn, St. Petersburg, Tallin, Riga, Klaipeda und Gdansk zurück nach Kiel. Ich bin anonym an Bord und habe die Reise - anders als viele meiner Kollegen Reisejournalisten und -Blogger - selbst in voller Höhe bezahlt. Wie immer arbeite ich im Blog ohne Fotos - die finden meine Friends auf Facebook.
Das Fazit des Tagebuchs sei hier schon vorweggenommen: Die Reiseroute war genial, der Erholungswert auch dank Traumwetter hoch. Das Preis-Leistungsverhältnis für die Reise empfanden wir als sehr günstig, die Getränkepreise an Bord durchaus akzeptabel. Landausflüge und einige andere Nebenkosten waren zu teuer, das kostenfreie Bordprogramm eher dürftig, das Essen gut. Das ausländische Personal an Bord war super, das deutsche halt deutsch. Die Liegezeiten in den Häfen waren ausreichend lang, die Infos durch die Reederei für Gäste, die keine Landausflüge buchten, mehr als karg. Insgesamt fanden wir diese Reise durchaus sehr empfehlenswert, da wir das Fahrtgebiet kaum kannten und jetzt doch einen guten Eindruck von den Küstenstädten der Ostsee erhalten haben.
Samstag, 21.05.2016:
Bei der Ankunft am Kieler Ostseekai freue ich mich erst einmal. Direkt neben unserem Schiff hat TUI Mein Schiff 4 festgemacht - und erweckt bei mir den Eindruck von sozialem Wohnungsbau auf See. Daneben sieht unser Dampfer klein und schnittig aus und wie ein richtiges Schiff…
Der Check-in wird drei Stunden später beginnen als geplant; wir sind darüber aber schon gestern per SMS informiert worden. In der zweiten Hälfte der vorangegangenen Reise hatte sich ein Magen-Darm-Virus zu den Passagieren gesellt. In den “Kieler Nachrichten” von heute steht, 5 bis 6 Passagiere seien betroffen gewesen. An Bord werde ich später von einem Crewmitglied hören, es seien mehrere Dutzend gewesen. Spricht für gute PR-Arbeit der Reederei und schlechten Verlautbarungsjournalismus.
Um 16.30 Uhr checken wir ein. Wartezeit in der Schlange etwa 6 Minuten. Security Check ohne Wartezeit, Passkontrolle findet nicht statt. Wir können direkt in unsere Kabine, das Gepäck steht schon vor der Tür. Bestnote für die Organisation.
Wir haben für uns drei nominell Erwachsene eine Doppelkabine mit Zusatzbett gebucht. Das hat den Reisepreis pro Person pro Kopf um ca. 25% gesenkt. Die Kabine ist für uns geräumig genug, Schrankplatz ist ausreichend vorhanden. Wir sind angenehm überrascht.
Erster schneller Preise-Check: Getränkepreise normal (großes Weizen 3,90, Mojito 7,50), Schachtel Zigaretten 3,90. Sehr hoch jedoch die Preise für Wellness, Internet und organisierte Landausflüge. Details dazu später.
Erstes Ziel nach dem Abendessen: Die Ocean Bar am Heck auf Deck 7. Da merkt man nichts mehr von 1000 Passagieren an Bord, hat nur noch das Meer vor sich. Und auf dieser Reise Rinchuilla hinterm Tresen. Rinchie, wie sie an Bord meist genannt wird, stammt aus einem Dorf dicht an der burmesischen Grenze, spricht gut und viel Englisch, liebt ihren Job und erzählt gern von ihrer Heimat. Sie gehört einer kleinen ethnischen Minderheit mit eigener Sprache an. Ich frage sie, ob diese Sprache auch eine eigene Schrift hat. Ja, sagt sie stolz, das hätten ihr die alten Dorfbewohner berichtet. Doch man hat sie auf Leder geschrieben - und eines Tages hätten Hunde alle Schriftleder gefressen. Seitdem beherrsche niemand mehr diese Schrift…
Ich gehe mehr als happy in die Koje. Mit jemandem an Bord, der solche Geschichten erzählt, fühle ich mich fast wie in Hellas.
Sonntag, 22.05.2016:
Ein voller, sonnenreicher Tag auf spiegelglatter See. Viel Zeit, um das Schiff ausgiebig zu erkunden, mit erfahrenen Kreuzfahrern zu sprechen - und natürlich Rinchies Geschichten zu lauschen. Und um raus zu schauen. Links sind heute die Kreidefelsen von Mön zu sehen, rechts bald darauf Kap Arkona und die Kreidefelsen von Rügen. Dann werden Wallanders Ystad und lange Bornholm passiert, am späten Nachmittag ist links Öland schemenhaft zu erkennen.
Ich inspiziere zunächst einmal die Getränkekarte genauer. Das Angebot ist exzellent, die Preise sind deutsche Landpreise: Almdudler (0,35) 2,90 €, Pepsi (0,25) 2,20 €, frisch gepresster O-Saft 3,20 €. Milkshakes 3,90, Latte Macchiato 2,60 €, Espresso 2,10 €, Glas Tee 2,50 €. Cocktails ab 7,50 €. Glas Wein (0,2) ab 4,90 €, Hugo 6,50 €. Fassbier (0,3) 2,90 €, (0,5) 3,90 €.
Ansonsten staune ich, wie kälteresistent die Nordlandfahrer sind. Mittags wird der Pool auf Deck 10 freigegeben, nachmittags gehen die ersten hinein (Wassertiefe 1,20) und kommen auch tatsächlich lebend wieder heraus. Sogar auf dem kleinen FKK-Deck liegen ein paar Alte. Mich könnte höchstens der warme Whirlpool auf dem Vorschiff locken. Aber der ist nur für die Crew. Für die Passagiere gibt es drei Whirlpools auf Deck 10.
Apropos Deck 6: Es ist mein Lieblingsdeck, weil man hier im Freien das ganze Schiff umrunden und dabei auch noch rauchen darf. Auch für Jogger ist es ideal. Wer hier allerdings eine Aussenkabine hat, ist gelackmeiert: Alle Vorübergehenden können hinein schauen. Viele von denen, die da wohnen, haben die Jalousien heruntergelassen und ärgern sich wahrscheinlich, dass sie keine sehr viel preiswertere Innenkabine gebucht haben.
Apropos Raucher: Die haben auf der AIDAvita überhaupt kein Problem. Außendecks darf in weiten Bereichen geschmökt werden.
Nun noch ein Blick ins Bordprogramm für heute. 40 Veranstaltungen sind aufgelistet. Die Hälfte davon ist kostenpflichtig, so manches ist reine Verkaufsveranstaltung. Wer nicht auf U-Musik, Tanz und Show steht, findet nur dürftige Angebote.
Am späten Nachmittag sitze ich wieder an der kleinen Ocean Bar am Heck. Es gibt schon ein paar Stammgäste außer mir: Ein Paar aus der Kölner Gegend, das fast alle spanischen Spirituosen kennt, ein paar aus Hamburg oder umzu, das auf Jubi und Linie steht, ein frankophiles Paar, das den Pastis liebt, einen Aschaffenburger, der Weizenbier bevorzugt - und meine beiden Ladies, die auf >Spicy Ginger Beer< und Bloody Mary stehen. Den würzt Rinchie auf Wunsch liebend gern mit Tabasco. Apropos Bloody Mary: Mit Rinchie habe ich mich heute viel über Blut unterhalten. Sie liebt Thüringer Blutwurst, mag sie viel lieber als die aus ihrem Heimatdorf, denn da ist auch Hirn mit drin. Auf die Frage nach weiteren Essgewohnheiten in ihrem Heimatdorf sprudelt sie los wie eine Ölquelle. Man sei dort >strictly non vegetarian<. Affen und Hunde werden gern gegessen. Manche mögen auch Schlangen. Ich frage Rinchie, ob man auch Schlangenblut trinke. “Ja, einige schon”, antwortet sie, “aber ich trinke lieber Aalblut!” Danach werde ich demnächst in Bremen mal unseren Fischhändler fragen…
Montag, 23.05.2016:
Schon vor 8 Uhr hat unser Schiff Visby auf Gotland erreicht. Der Wind bläst stark und aus ungünstiger Richtung. Der Captain entscheidet, nicht im Hafen anzulegen, sondern auf Reede zu ankern und die Passagiere mit bordeigenen Tendern auszubooten. Das klappt problemlos. Vom Anleger der Tender sind es nur wenige Schritte bis in die Altstadt, die wir nun den ganzen Tag über gemächlich zu Fuß erkunden.
Zurück an Bord geht’s bald zum Abendessen. Am allerersten Abend hatte es uns nicht begeistert, “guter Durchschnitt” war mein Urteil. Inzwischen aber finden wir es ebenso wie das Frühstück “sehr gut”. Abends stehen die Buffets in den beiden Restaurants jeweils unter einem geografischen Motto wie Spanien, Portugal, Italien, Afrika oder Karibik. Und gutes Eis gibt es jede Menge. Okay, Gourmetessen geht anders, aber unseren Ansprüchen genügt die zwanglose Vielfalt vollkommen. Wir werden das Bezahl-Restaurant Rossini jedenfalls nicht aufsuchen. Da würden fürs Menü mindestens 30 € extra fällig. Und Getränke muss man da auch zusätzlich bezahlen, während Soft Drinks, Bier und Wein in den Buffet-Restaurants kostenlos sind. Naja, zu Hause würde ich diesen Wein keinen Gästen vorsetzen, aber genießbar ist er durchaus.
Traumhaft gut sind hingegen die Cocktails, Long Drinks und Shots von Rinchie. Besser schmecken sie an keiner anderen Bar an Bord - und das, obwohl sie selbst überhaupt keinen Alkohol trinkt. Sie stammt aus einem völlig alkoholfreien Dorf, ist außerdem Baptistin. Sie ist außerdem der einzige Barkeeper an Bord, der Strohhalme nie mit den Fingern anfasst, sondern grundsätzlich nur mit der Zange! Ich bestelle bei ihr meist keine bestimmten Drinks mehr, sondern schildere ihr, nach welchen sensualen Erfahrungen (Geschmack, Farbe, Wirkung etc.) es mich gerade gelüstet. Sie kredenzt mir immer das Richtige. So müssen Barkeeper sein!
Dienstag, 24.05.2016:
Die Sonne ist um 4 Uhr aufgegangen, gegen 5.30 Uhr bin ich an Deck. Das Schiff hat die Stockholmer Schären erreicht. Ich bin sofort begeistert. Schon nach 10 Minuten bin ich überzeugt: Dieses Schärenfahrt nach Stockholm ist ebenso schön wie die Ankunft mit der Fähre in Venedig! Ich bin überrascht, wie dicht bewaldet die meisten Schären sind und wie eng die Durchfahrten. Irgendwie entwickle ich ein Amazonas-Gefühl. Allein schon diese Fahrt hat die Entscheidung gelohnt, mich auch mal mehr auf der Ostsee umzuschauen.
In Stockholm legen wir nahe der Altstadt an. Bis zum Schloss würde man etwa 30 anfangs unschöne Minuten gehen. Einen Shuttle-Bus in die Innenstadt gibt es nicht. Von AIDA gibt es keine praktischen Informationen, wie man die Innenstadt gut auf eigene Faust erleben kann. Dabei werden direkt nach Verlassen des Schiffes an einem Info-Kiosk Tagestickets für die öffentlichen Verkehrsmittel verkauft. Und auch Tickets für Hop-on/Hop-off Busse werden direkt vor dem Schiff angeboten; diese Busse und Boote fahren nur 200 m von der AIDA entfernt ab. Und dort stehen natürlich auch Taxis. Mit solchen Infos würde die Reederei sicherlich nicht nur bei mir Pluspunkte sammeln.
Wir nehmen das Tagesticket für die öffentlichen Verkehrsmittel, laufen 300 m zur Bushaltestelle und fahren wie ein Stockholmer in die Altstadt. Als Senioren zahlen wir 7 €, Normalpreis ist 14 €. Die Sonne kriegen wir umsonst: auf über 25 Grad klettert das Thermometer am Mittag. Die Strassencafes sind rammelvoll, in der Mittagspause strömen die Einheimischen auf die öffentlichen Grünflächen. Stockholm bei gutem Wetter gefällt uns ausgezeichnet…
Eine Stunde vor dem Auslaufen sind wir wieder an Bord. Ich mische mich wieder untäers erfahrene Kreuzfahrervolk. Viele hier auf dem Schiff sind echte Kreuzfahrt-Freaks. >TUI Mein Schiff<, >Costa<, >Phoenix< und >Aida< werden miteinander verglichen, die Vor- und Nachteile größer und kleiner Schiffe diskutiert. Ausgesprochene AIDAvita-Fans beklagen, dass dieses Schiff wohl von der Reederei vernachlässigt werde, weil die kleinen Schiffe weniger profitabel sind als die großen. Man zeigt mir Stellen, denen frische Farbe gut täte, Flecken auf Teppichböden und ungenutzte Scheiben. Ich bin nicht pingelig, hätte diese Mängel selbst wohl nie entdeckt. Aber selbst mir ist aufgefallen, dass die vier aufgemalten Suffleboard-Felder auf Deck 10 dringend eine farbliche Auffrischung benötigen.
Nach dem Abendessen und einer Runde Bingo (3 € Einsatz), bei der ich einen Cocktail-Gutschein gewinne, steige ich wieder zu Rinchie in die Ocean Bar am Heck des Schiffes hinab. Heute gibt sie mir Tipps, wo ich ihre Heimat bei Facebook finden kann. Sie nennt mir als Suchbegriffe: Shirui Nao, Shirui Village, Shirui Lily Week.
Mittwoch, 25.05.2016:
Morgens gegen 8:30 legt das Schiff in Mariehamn auf den Alandinseln an. Bis ins Stadtzentrum geht man 800 m durch eine schöne Lindenallee an stattlichen Holzhäusern entlang. Die Reederei bietet ausgerechnet für diese Kurzstrecke einen Shuttlebus an, 4 € hin und zurück. Wir bummeln durch die beschauliche Hauptstraße, trinken Kaffee und setzen uns dann in den städtischen Linienbus. Der fährt in Form einer 8 durch Innenstadt und Vororte, braucht dafür eine Stunde. Wir zahlen für die Gesamtfahrt 4 € pro Person. Danach schlendern wir zum Busbahnhof, nehmen den erstbesten “Fernbus” und fahren etwa 45 Minuten bis zur Endstation. Er fährt sofort wieder zurück - so haben wir für etwa 6 € die Landschaft der Insel kennengelernt.
Jetzt sitze ich gerade auf der Terrasse des Hotels Adlon in Mariehamn auf den Alandinseln-Inseln direkt gegenüber vom Anleger. Hier gibt es das schnellste WLAN der Stadt - kostenlos und ohne Passwort. Bier freilich ist hier so teuer wie überall in Finnland: der halbe Liter vom Fass 7,80 €.
An Bord zurück, kaufe ich mir erst einmal einen WLAN-Zugang: 25 MB für 25 €. Teuer, aber wenigstens recht schnell. Später geht es wieder in die Ocean Bar. Rinchie erzählt aus ihrer Schulzeit. Die ersten 6 Jahre ging sie in die Dorfschule. Für die weitere Schulbildung musste sie in die 15 km entfernte Stadt. Ihr Vater besitzt da ein sehr einfaches kleines Haus. Dahin zog sie mit ihrem etwas jüngeren Bruder. Die beiden Kinder mussten sich selbst allein versorgen. Jeden Freitag liefen sie zusammen mit anderen Kindern aus ihrem Dorf die 15 km nach Hause - und Sonntagabend wieder zurück in die Stadt. Auf ihren Vater ist Rinchie besonders stolz: Er hat allen seinen 8 Kindern eine gute Schulbildung ermöglicht. “Lernt, lernt, lernt” war sein Motto, “dann kommt das Geld von alleine!”
Donnerstag, 26.05.:
Wieder ein Seetag - von Mariehamn geht es weiter St. Petersburg. 13 Grad, bewölkt, nur ganz selten ein paar Regentropfen. Ich habe die kostenlose Küchenführung verschlafen, bin erst um 10.30 Uhr aufgewacht. Frühstück gibt es heute bis 11 Uhr, ich muss also nicht hungern. Danach geht’s an die Poolbar. Die machen Werbung für Ihre Erdbeerbowle (5,20 €), stellen dann aber bald sehr flexibel auf Glühwein um. Rechts kommt das estländische Tallin in Sicht, links sieht man die Helsinki vorgelagerten Schären. Irgendwo unter uns muss das Wrack der Estonia liegen. Darauf macht der Kapitän in einer seiner erfreulich häufigen Borddurchsagen natürlich nicht aufmerksam. Hören kann man sie allerdings nur dann gut, wenn man günstig steht oder sitzt: Es gibt viel zu wenig Bordlautsprecher!
Wir haben beschlossen, für unseren Tag in Klaipeda am kommenden Mittwoch einen der teuren Landausflüge zu buchen: über die Kurische Nehrung bis nach Nida (knapp 70 € inkl. Mittagessen. Auf eigene Faust scheint das in der kurzen Zeit nicht machbar zu sein. Am Ausflugscounter sagt man mir, die Tour seit ausverkauft. Das finde ich blöd, zeugt es mir doch von mangelnder Flexibilität. Es heißt, an jenem Tal lägen drei Kreuzfahrtschiffe an den Kais von Klaipeda, und für so viele Passagiere gebe es dort einfach nicht genug Ausflugsbusse.Ich ärgere mich ein wenig über mich selbst: Wir hätten die Tour schon zwei Monate vor Reisebeginn buchen können und die Tickets bei Bedarf noch an Bord kostenlos stornieren können.
Freitag, 27.05./Samstag 28.05.:
Am Freitag um 8 Uhr haben wir am Kreuzfahrtterminal von St. Petersburg festgemacht, am Samstag um 20 Uhr wird wieder abgelegt. Von Bord kommt man laut Reedereiinfos nur mit Visum oder für auf dem Schiff gebuchte Landausflüge. Das ist eine bewusste Fehlinformation! Wir hatten vorab - wie etwa 45 unserer 1200 Mitreisenden auch - im Internet ein kleines Petersburger Reisebüro gefunden, dass Petersburg-Besichtigungen in Kleingruppen bis maximal 8 Personen mit modernen Kleinbussen und deutschsprachiger Fremdenführerin zu einem günstigen Preis anbietet. Für 2 Tagesausflüge a jeweils 7 Stunden verlangen sie pro Person 130 € (Anzahlung 20%, Rest vor Ort Cash oder per Karte). Ein Visum braucht man für diese Ausflüge nicht - das per Mail zugesandte und ausgedruckte Tour-Ticket reicht zusammen mit dem Reisepass für die Einreise.Eintrittsgelder sind im Ausflugspreis nicht inbegriffen, wohl aber eine knapp einstündige Fährt auf Newa und Kanälen. In den Bussen gibt es kostenloses WLAN. Der Name des Reisebüros: Petersburg hautnah.
Organisatorisch hat alles bestens geklappt. Wir sind in Pushkin durch den Katharinenpalast geschleust worden, haben die Gärten von Peterhof durchwandert, die Isaak-Kathedrale und die Blutskirche besichtigt. Wir sind auf dem Newski-Prospekt spazieren gegangen, haben die Bootsfahrt unternommen, Eremitage, Admiralität und Festung von außen gesehen. Die Reiseleiterin Vera am ersten Tag war grottenschlecht, Anastasia am zweiten Tag supergut. Insgesamt waren wir vom regenfreien St. Petersburg begeistert!!!
Sonntag, 29.05.2016:
Über Nacht sind wir langsam in die estnische Hauptstadt Tallinn weiter getuckert. Die Altstadt ist nur ein paar Schritte vom Anleger entfernt. Sie ist vollgepfropft mit Restaurants, Kneipen und exzellenten Boutiquen, hat viel historisches Flair.
Abends erlebe ich an der Ocean Bar eine äußerst freudige Überraschung. Rinchies bisheriger Barassistent, ein netter, aber nichtssagenden junger Filippino, ist befördert worden und arbeitet jetzt in einer der großen Bars. Er wurde hier durch Almira ersetzt, eine 26-jährige Philippinin von der Hauptinsel Luzon. Woher genau, will ich wissen. “Du fährst von Manila 5 Stunden immer nach Norden, dann kommst du genau zu meinem Haus”, erklärt sie mit fröhlichem Lachen. Und ich erfahre, dass sie Rinchie auf jeden Fall in einem Punkt übertrifft: Almira hat 9 Geschwister, Rinchie nur acht.
Montag, 30.05.2016:
Nachmittags gegen 15 Uhr legen wir in Riga an, der Hauptstadt Lettlands. Seit heute
Mittag liegen erste Passagiere in Bikini und Badehose am Pool. Um 15:30 Uhr gehen wir von Bord, die Altstadt ist etwa 10 Gehminuten entfernt. Wieder keinerlei Passkontrolle, auf der ganzen Reise waren nur die Russen an unserer Identität interessiert.
Gleich nach Verlassen des Kais werben junge Leute in Rot für die roten und in Gelb für die gelben Hop on/Hop off-Doppeldeckerbusse. Wir kaufen die 2 Tage lang gültigen Tickets für 15 € und steigen dem Bus aufs Dach. Er startet zu einer etwa 70-minütigen Stadtrundfahrt. Die deutschen Kopfhörer-Kommentare sind gut. Die Zahl der Haltestellen ist zu gering, die Haltestellen sind nicht gekennzeichnet und darum kaum zu finden, wenn man zwischendurch mal eine Etappe zu Fuß gegangen ist. Wir nutzen daher unser Ticket nur für die Stadtrundfahrt und danach nicht wieder.
Abends bleiben wir bis 22 Uhr in der Altstadt, die uns nicht so gut wie die von Tallin gefällt. Die Preise haben deutsches Niveau, wir haben keine einzige lächelnde oder auch nur freundliche Bedienung in Cafés und Pubs erlebt. Außerdem ist die Stadt wenig Fußgänger-freundlich, Zebrastreifen gibt es nur in großen Abständen. Auch Raucher haben es schwerer als anderswo an der Ostsee: Auf vielen Restaurantterrassen ist das Qualmen ganz oder teilweise verboten. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind relativ teuer: 2 € pro Einzelfahrt. Seniorenermässigung wie in Griechenland gibt es nicht. Und beim Ausklang an der Ocean Bar gibt es von Rinchie einen bemerkenswerten medizinischen Tipp. Ihr Vater trinkt gern nach dem Abendessen von Mama hausgemachtes Reisbier. Als er einmal gesundheitliche Probleme hatte, riet ihm der Arzt, kein Bier mehr zu trinken. Er befolgte den Rat, trotzdem ging es ihm nach zwei Jahren schlechter als zuvor. Er ging zu einem anderen Arzt. Der war hellauf entsetzt: Du kannst doch nicht plötzlich lassen, woran dein Körper ein Leben lang gewohnt war. Papa nahm daraufhin wieder Reisbier zu sich - und schnell ging es ihm besser. Die Moral aus der Geschicht’: Bei gesundheitlichen Problemen öfters mal den Arzt wechseln! Richie betätigt sich später auch noch selbst als Ärztin: Gila hat leichte Magenprobleme, Rinchie bereitet ihr einen Tee nach indischem Geheimrezept und gibt ihn ihr kostenlos mit auf die Kabine. Wegen solcher Gesten wird sie, wie sie erzählt, manchmal auch “Ocean Bar Mama” genannt…
Dienstag, 31.05.2016:
Den ganzen Vormittag verbringen wir noch in Riga. Christiane gefällt der Neubau der Nationalbibliothek am besten, ein wahres Meisterwerk moderner Architektur. Sehr schön finden wir auch die Markthallen. Christiane meint, einen tolleren Blumenmarkt habe sie noch nie gesehen. Die Fischmarkthalle begeistert uns durch ihr riesiges Angebot an geräuchertem und gepökeltem Fisch.
Um 15 Uhr laufen wir aus, erst einen Beefburger von der Drillstation auf Deck 10, dann ein Stück Pizza von der Pizza Bar auf Deck 9 in der Hand. Andere sitzen derweil bei Kaffee und Kuchen. Um 16.30 Uhr spiele ich eine Runde Darts auf Deck 10 mit, treffe aber kaum einmal die Scheibe. Beim Volleyball um 18.30 Uhr schaue ich nur zu. Um 19.15 Uhr gehen Christiane und Gila zum Lauschsalon in die Nightfly Bar und hören schöne Geschichten, ich spiele lieber Bingo und gewinne einen Cocktail-Gutschein. “Ladies Night”, “Latin Beach Party” und die Show im Theater interessieren mich nicht - mich zieht es wieder in die Ocean Bar.
Mittwoch, 01.06.2016
Morgens sind wir in Klaipeda, dem wichtigsten Hafen Litauens. Die Altstadt, in die uns ein Shuttle-Bis bringt, ist recht belanglos, viele Straßenzüge erinnern noch an triste Sowjetzeiten, die Lokaldichte ist sehr viel geringer als in Riga oder Tallinn. Dafür erleben wir hier die freundlichsten Menschen, zählen die niedrigsten Preise. Warum es hier so wenige Geschäfte gibt und warum die Straßen, denkt man sich die Paggagiere von drei Kreuzfahrtschiffen weg, so ausgestorben wirken, erfahren wir später: Am Stadtrand lockt die “Akropolis” massenhaft die Einheimischen an. Das ist weder eine griechische Taverne noch ein hehres Kulturgut, sondern die größte Shopping Mall des Baltikums. Eine Mitpassagierin war dort, meinte, vergleichbares habe sie in Europa noch nicht gesehen.
An der Ocean Bar erfahre ich, was andere Mitreisende heute erlebt haben. Zwei Paare haben in unterschiedlichen Bussen den Bordausflug auf die Kurische Nehrung mitgemacht. Das eine Paar war hochzufrieden. Das andere klagte über einen Uralt-Bus ohne Klimaanlage, eine der Gruppe stets unfreundlich davon sprintende unfreundliche Reiseleiterin, Mücken- und Maikäferschwärme. Eine weitere Mitreisende erzählt, sie habe vorab übers Internet ein E-Bike in Klaipeda gemietet und sei damit auf der Kurischen Nehrung unterwegs gewesen. Über diese Möglichkeit hat man von AIDA natürlich wieder einmal nichts erfahren: Sofortgewinn geht hier wohl über Kundenzufriedenheit!
Donnerstag, 02.06.2016:
Um 8.30 Uhr gehen wir in Gdingen von Bord. Das ist etwa 25 km von der Danziger Altstadt entfernt. Deswegen haben wir erstmals auf dieser Cruise einen AIDA-Landausflug gebucht. Hat etwa 40 €/Person gekostet. Leistung: Etwa jeweils einstündige Busfahrt nach Danzig und zurück mit Fremdenführer, etwa 90-minütige Altstadtführung in einer Gruppe von 39 Personen, Eintrittskarte in die Marienkirche und gut 2 Stunden zur freien Verfügung. AIDA dürfte daran etwa 20 € pro Person verdient haben… Trotzdem haben wir die hohen Kosten nicht bereut, denn in diesem unserem 8. Hafen binnen 11 Tagen sind wir doch etwas Besichtigungen- und organisierungsmüde. Vielleicht haben wir in dieser Zeit auch einfach nur ungewohnt viel gegessen…
Andere, die einen anderen Fremdenführer hatten, waren allerdings sehr unzufrieden: Von der Stadt haben sie nur wenig gesehen, weil ihr Führer sie lieber in Bernsteingeschäfte führte. Andere, die einen längeren Ausflug nachDanzig und zur Marienburg für etwa 90 € mitgemacht haben, wollen sich ebenfalls beschweren: in der Marienburg dürfte ihre stimmschwache Reiseleiterin kein Mikro benutzen, so dass nur 5 von 40 Teilnehmern ihre Erklärungen verstanden.
Zurück an Bord. Es ist 15 Uhr und drückend heiß. Ich bin jetzt urlaubsreif, bin selten in 2 Wochen an Land soviele Pflasterkilometer gelaufen wie auf dieser Seereise. Ich lasse mir von Rinchie irgendetwas mit Kokosgeschmack mixen. Schönstes Meerestürkis kommt auf den Tresen: Ein “Blue Paradise” (Curaçao, Gin, Malibu und Ananassaft). Das lässt mich an den Shipwreck Beach auf Zakinthos oder Elafonissos in Westkreta oder den Simos Beach auf der Insel Elafonissi im Lakonischen Golf denken…
Freitag, 03.06.2016:
Seetag. Blauer Himmel, kaum Wind. Man sitzt lieber im Schatten als in der prallen Sonne. Jetzt ist es sicher: Wir haben eine 14-tägige Ostsee-Kreuzfahrt ohne einen einzigen Regentropfen erlebt! Und ohne Seegang: Niemandem ist schlecht geworden!
Fast schlecht wurde mir allerdings, als es nach dem Mittagessen an die Kabinentür klopfte und Gisela die Arztrechnung präsentiert wurde. Sie hatte unterwegs mal leichte Probleme, ging zum Bordarzt. Der stellte ihr 2 Fragen, maß den Puls und Fieber und gab ihr zwei Vomexzäpfchen-Zäpfchen. Dafür muss sie nun 77,24 € blechen “nach in der EU üblichen Sätzen”… Abends an der Ocean Bar singen Rinchie und Almira den Stammgästen ein Lied zum Abschied, wir wiederum bedanken uns m musikalisch mit einem “drunken sailor”. Dann gibt’s ein gutes Trinkgeld für die beiden und Abschiedsküßchen nach bester griechischer Art… Wer ein Foto von Richie und Almire sucht, findet es übrigens auf meiner Facebook-Timeline!
Samstag, 04.06.2016:
Morgens um 9 Uhr verlassen wir in Kiel das Schiff. Wieder keinerlei Passkontrolle. Das Gepäck, das bis nachts um 2 Uhr vor die Kabinentür gestellt wurde, finden wir leicht in der Gepäckhalle wieder, unser Bus zurück nach Bremen steht direkt vor der Tür - organisatorisch hat auf dieser Reise alles bestens geklappt.
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