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Kefallonia 2014 - Ein aktueller Reisebericht

Von Klaus Bötig | 25.August 2014

Die größte der Ionischen Inseln wirkt wie ein aus fünf Teilen zusammengesetztes Puzzle. Jedes Puzzlestück hat seine ganz eigenen Farben und Formen. Eine Woche benötigt man mindestens, bis ein vollständiges Bild entsteht.

Kefallonia hat im Winter wieder einmal Schlagzeilen gemacht. Ein schweres Erdbeben suchte die Insel heim. Niemand wurde getötet, aber 200 Häuser sind abbruchreif, weitere 1500 bis heute unbewohnbar (siehe GZ vom 16.7.). Das Beben traf vor allem das Städtchen Lixouri und die umliegenden Dörfer der Palíki-Halbinsel. In der Inselhauptstadt wurde das Archäologische Museum beschädigt und musste vorübergehend geschlossen werden, kurz vor Assos mit seiner großen venezianischen Fliehburg machte es die wichtige Küstenstraße in den Norden für den Rest des Jahres unpassierbar. Der Verkehr wird durch die Berge umgeleitet, wo sich jetzt so manche bis dahin stille Dörfer über mehr Besucher freuen dürfen.

Mehr Besucher sind der Traum der ganzen Insel. Aber obwohl ein Urlaub durch die Erdbebenschäden überhaupt nicht negativ beeinflusst wird, werden die Touristenzahlen in diesem Jahr wohl noch weiter sinken. Der kleine, erst 2009 in Betrieb genommen Cruise Terminal von Argostoli hat seine besten Jahre wohl schon hinter sich. Heuer werden hier wohl nur etwa 60 große Kreuzfahrtschiffe festmachen, im Spitzenjahr 2012 waren es noch 105, die mehr als 130.000 Portemonnaies anlandeten. Griechischen Urlaubern wird die Anreise immer mehr erschwert: Fähren direkt nach Lixouri und Argostoli gibt es schon seit einigen Jahren nicht mehr, der neue Hauptfährhafen Poros im Inselsüden wird nicht mehr von Patras, sondern nur noch von Kyllini auf dem Peloponnes aus angelaufen. Auch eine kurze Hoffnungsflamme aus diesem Frühjahr ist wohl erloschen: Zeitungen meldeten ein Interesse von Turkish Airlines, die Insel direkt von Istanbul aus anzufliegen.

Touristisch erfolgreich sind eigentlich nur zwei Orte auf der Insel, die 90 Straßenkilometer voneinander entfernt liegen: Skala im äußersten Südwesten und Fiskardo im äußersten Nordosten. Skala trumpft vor allem bei Briten mit langen Sandstränden und vielen neuen Hotels der oberen Kategorien, die auch das veranstalterfreundliche All-inclusive-Konzept realisieren. Fiskardo lockt mit seiner windgeschützten, fjordähnlichen Bucht und seinen vielfarbigen Bilderbuch-Häuschen Myriaden von Yachten an. Wanderwege sind hervorragend ausgeschildert, viele winzige Kiesbuchten werden bis dicht ans Wasser heran von Olivenbäumen und Zypressen gesäumt, das trendige Fünfsterne-Haus Emelisse hat sich unter zahlungskräftigen Individualisten einen guten Namen gemacht. Dem Kulturreisenden haben beide Orte wenig zu bieten. In Fiskardo weisen patriotische Schilder die Ruine einer normannischen Kirche als frühchristliche Basilika aus, in Skala führt der nette Spyros Besucher durch die Überreste einer römischen Villa mit einigen wenigen figuralen Bodenmosaiken.

Unverfälschtes Argostoli

Auf halbem Weg zwischen diesen beiden Antipoden breitet sich Argostoli entlang des Westufers einer langgestreckten Bucht ohne Sicht aufs offene Meer aus. Das Städtchen ließe sich ohne großen Aufwand als Kulisse für einen in den 1970er Jahren spielenden Film gebrauchen. Seine feine Straße ist die schön gepflasterte Lithostrato, die so heißt, weil sie schon gepflastert wurde, als die Nebengassen noch staubig bis sumpfig waren. Entlang der Bucht zieht sich der Markt, auf der Platia drehen früh abends Kinder auf Elektro-Miniautos ihre Runden. Im Stadtpark lädt ein Sommerkino zum Besuch ein – und direkt am modernen Kreuzfahrt-Terminal  sitzen die Gäste einer erstklassigen Ouzeri wie schon vor 50 Jahren auf hölzernen Planken direkt überm Wasser. Am anderen Ende der Uferstraße, wo seit 18xx eine heute wegen Baufälligkeit selbst für Fußgänger gesperrte Brücke Argostoli mit dem gegenüberliegenden Ufer der Bucht verbunden hat, serviert ein hochpreisiges Fischrestaurant sogar den sonst in Hellas fast nie mehr auf Speisekarten zu findenden Räucheraal. Im Reisebüro reißt sich der junge Inhaber fast die Beine aus, um für uns einen Mietwagen auf der Nachbarinsel Ithaki zu finden und hat als Lohn nur seine Prozente vom Fährticketpreis, der sich hin und zurück gerade einmal auf 3 Euro pro Person und Strecke beläuft. In der Städtischen Touristeninformation sind die jungen Mitarbeiter landesunüblich hilfreich – und auch der Mountainbike-Vermieter im Städtchen macht einen kompetenten Eindruck: Nach eigenen Worten ist er als Kind im Fahrradladen aufgewachsen, in Bezug auf Bikes sei er mehr Holländer als Grieche.

Auch am Stadtrand bleibt Argostoli erlebenswert. Gleich gegenüber der neuen Polizeistation betreibt eine private Stiftung mit der >Cephalonia Botanica< einen der wenigen Botanischen Gärten des Landes.  2 km entfernt warten 320 gut gepflegte Hunde und drei bis vier Dutzend Katzen im Tierheim >ARK< auf Besucher. Eine gebürtige Kolumbianerin leitet es, ihr assistiert ein schlichtes einheimisches Paar. 200 Euro brauchen sie am Tag für die Tiere, die einzig und allein durch Spenden überleben können. Am anderen Ende von Argostoli lädt die Lassi-Halbinsel zu einem anfangs schattigen Spaziergang ein. Da stehen zwei einstige Meerwassermühlen. Schon lange floss an diesen Stellen das Meerwasser durch natürliche Rinnen im Gestein landeinwärts und versickerte in Schlucklöchern, in der Fachsprache Kathovothren genannt. Während der britischen Quasi-Kolonialzeit meißelte man die Rinnen zu Kanälen aus und stellte große Wasserräder auf, deren Mühlsteine noch bis zum großen Erdbeben 1953 das in der Umgebung angebaute Getreide mahlten.

Die Wasserräder drehten sich auch noch, als deutsche Truppen 1943 in einem Graben am Straßenrand in einer jetzt >La Fossa< genannten Grube 136 italienische Offiziere niedermetzelten, die sich ihnen nach dem Sturz Mussolinis bereits waffenlos ergeben hatten. An sie und die anderen 5000 italienischen Opfer der verbrecherischen deutschen Aktion nach dem Seitenwechsel Italiens erinnert etwas oberhalb der Straße das kaum je von Fremden besuchte >Monumento Caduti<.

Ein Tag auf der Weinstraße

Argostoli ist ein guter Ausgangspunkt, um mit dem Mietwagen von Winzer zu Winzer zu fahren und sich nebenbei ein wenig der Geschichte zu widmen. Auf der Höhe des stadtnahen Endes der Flughafenlandebahn lädt das Weindorf Gentilini im Dorf Minia zur Besichtigung und Verkostung ein. Die Inhaberfamilie Cosmetatos hat ihre Wurzeln im italienischen Padua, ist aber auch schon seit 1593 auf der Insel ansässig und produziert hier seit 1978 Weine bester Qualität. Ihr schickes Weingut präsentiert sich edel und hochmodern. Sehr viel uriger geht es in der Kellerei Divino mitten im Dorf Pessada zu. Der historische Weinkeller wurde zum Probierraum, in dem sogar noch Reste einer venezianischen Mauer samt Schießscharte erhalten sind. Inhaber Gerassimos Hartoularis und seine russische Frau, einst Dozentin für Graezistik, sind experimentierfreudig. Sie kredenzen einen inseltypischen Robola-Wein mit besonders wenig Säure, bieten eine Cuvée aus Muskateller- und Robola-Trauben und züchten sogar Rosen, deren Destillat sie seit 2014 einem dadurch einzigartigen Essig beimischen. 978

Größter Weinproduzent der Insel ist eine 1982 gegründete Kooperative mit etwa 300 Winzerfamilien. Jährlich verlassen etwa 200 000 Flaschen das Lager. Auf Besucher ist man bestens vorbereitet, zeigt ihnen die Kellerei und lässt sie probieren. Sogar ein Besucherpark mit Weinmuseum ist vorhanden. Die Kellerei liegt in einem Hochtal ganz nahe beim größten Kloster der Insel, das dem Inselheiligen Agios Gerassimos geweiht ist. Die moderne Klosterkirche gehört zu den größten und teuersten Kirchen des Landes. Die Reliquie des Heiligen wird jedoch weiterhin in der winzigen alten Klosterkirche verehrt, wo die Pilger auch in eine dunkle Höhle hinabsteigen können, in der der Heilige einst als Einsiedler hauste.

Am Weg zwischen den Kellereien Divino und der Kooperative liegen zwei der bedeutendsten historischen Sehenswürdigkeiten der Insel: Das für Besucher leider nur von Außen einsehbare mykenische Gräberfeld von Mazakarata und das schöne Dorf Kastro mit einer venezianischen Burg aus dem 16. Jh. Bis 1757 bildeten Dorf und Burg die Inselhauptstadt.

Des Rätsels Lösung

Statt nach Argostoli zurückzukehren, kann man auch nach Sami an der Ithaka zugewandten Ostküste Kefallonias weiterfahren. Auf den bewaldeten Hügeln über der Stadt erstrecken sich die langen Mauern des antiken Same, die sich gut im Rahmen einer etwa dreistündigen Wanderung erkunden lassen. Auf ihrer anderen Seite liegt einer der schönsten Inselstrände, der Antisamos Beach. Hier und in Sami selbst wurden 2001 viele Szenen des Hollywood-Streifens >Corellis Mandoline< mit Nicholas Cage und Penelope Cruz in den Hauptrollen gedreht, der Bürgerkrieg, italienische Besetzung und das deutsche Wüten auf der Insel im Zweiten Weltkrieg thematisiert. Zum Höhepunkt einer Kefallonia-Reise wird dann abschließend vielleicht eine Bootsfahrt in der nahen Höhle von Melissani. Ihre  Decke ist eingestürzt, Sonnenstrahlen fallen auf den kleinen See im Untergrund. Dessen Wasser hat der Reisende vielleicht schon ein paar Tage vorher auf der anderen Inselseite gesehen: Wie Versuche österreichischer Geologen zeigten, wird der See auch von dem Wasser gespeist, das bei den Meerwassermühlen von Argostoli auf rätselhafte Weise zwischen den Felsen versickert. Die Wissenschaftler hatten dort das Wasser eingefärbt und dann darauf gewartet, dass es irgendwo wieder zu Tage tritt.

INFO

Webadressen: http://www.kefallonia.gov.gr/ (Website des Dimos, nur auf Griechisch), www.animalrescuekefalonia.com (Tierheim)

Karte: Cephalonia-Ithaca aus dem Anavasi-Verlag, 1:65 000, www.anavasi.gr

Literatur und Film: „Corellis Mandoline“ von Louis de Bernière

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