Kreta im Frühjahr 2014: Die Lassithi-Hochebene
Von Klaus Bötig | 13.März 2014
Weder Ägäis noch Libysche See sind in Sicht, wenn man im Iraklio nahen Osten Kretas eine der Straßen auf die Lassithi-Hochebene hinauf nimmt. Aus Sitia oder Ierapetra kommend, fährt man am besten von Agios Nikolaos aus hinauf. Da liegt im winzigen Bergdorf Zenia die urige „Shopping Mall“ von Manolis Farsaris am Straßenrand. In allwinterlicher Handarbeit hat er sein kleines Imperium Jahr für Jahr durch Anbauten erweitert, sein Unterhaltungs- und Einkaufsangebot ausgeweitet. Am linken Straßenrand hat er einen Feldstecher auf einen ausgedienten, aber immer noch höhenverstellbaren Sonnenschirmhalter montiert. Darunter ist auf einer von ihm gezeichneten und auf ein Holzbrett geklebten Landschaftsskizze benannt, was man durch den Feldstecher sieht. Eine Armlänge weiter hängen Zwillen am Zaun. Damit können Kinder auf eine Zielscheibe schießen. Geleerte braune und grüne Flaschen dienen jetzt als Dame-Figuren fürs auf die Straße gemalte Spielbrett. Ein mehrsprachiges handschriftliches Schild verkündet, dass die Tische und Stühle auf der Terrasse gern von Gästen für ein mitgebrachtes Picknick genutzt werden dürfen. In dieser Hochzeit des All-inclusive-Tourismus wird davon gern Gebrauch gemacht.
Manolis Schwester hat eine andere Leidenschaft. Im nächsten Bergdorf an der Strecke, Mesa Potami, bedient sie ihre Gäste auf der wohl am schönsten dekorierten Tavernenterrasse der Insel. Fast alles, was ihr Mann täglich im Garten und auf den Feldern vom Feld mitbringt, hängt sie erst einmal zum Antrocknen in die Äste der Bäume und an Leinen dazwischen. Der Gast sitzt unter und zwischen Hunderten von Tomaten, die sie für ihre Salate verwendet, im Herbst sind viele der Tische von Kürbissen belegt.
Oben auf der Lassithi-Hochebene, die einst wegen ihrer dicht an dicht stehenden, mit Segeltuch bespannten Windräder berühmt war, werden außer Gemüse vor allem Obst und Kartoffeln angebaut. Bio-Kartoffeln sind der neuste Verkaufshit. Sie kommen auch im modernen Gastraum des Mezedopoleio >Gevsis Oropediou< auf den Tisch, wo in der kalten Jahreszeit stets Holz im offenen Kamin für Wärme sorgt. Als wir im Herbst das letzte Mal dort waren, bekamen wir für 6,50 Euro pro Person acht vegetarische Tellerchen und eine kleine Karaffe Raki auf den Tisch gestellt – und als Zugabe vom Wirt später noch Melone sowie ein zweites und drittes >karafaki<. Danach waren wir nicht nur wohl gesättigt…
Im Sommer umrunden Heerscharen von Ausflugsbussen die Ebene mit ihren 21 Dörfern und steuern vor allem eine Tropfsteinhöhle an, in der Göttervater Zeus seine Kindheit verbracht haben soll. Im Winter und frühen Frühjahr bleiben die Bauern und ihre ausländischen Feldarbeiter unter sich. Das ist die schönste Zeit, sich für ein paar Tage in einer der kleinen Pensionen oder in den zu Ferienhäusern umgebauten Natursteingemäuern des >Vilaeti< im Dorf Agios Konstantinos einzuquartieren. Angst eingeschneit zu werden, braucht man dank Klimawandel und diesjähriger Trockenheit wohl nicht zu haben. Und wenn doch, weisen die einstigen Bauernhäuser des Vilaeti eine regionaltypische Besonderheit auf: Weil in den Dörfern früher oft wochenlang meterhoch Schnee lag, sind sie durch enge Wandöffnungen alle mit mindestens einem der Nachbarhäuser verbunden. Dadurch konnten die Bewohner sich auch dann mit ihren Nachbarn unterhalten, wenn sie das Haus nicht mehr verlassen wollten.
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