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Was Griechenland so anders macht (3): Die Friedhöfe

Von Klaus Bötig | 1.Oktober 2015

Die Griechen nennen den Friedhof „Kimitirio“, in etwa zu übersetzen mit Schlafstätte. Von weitem sieht er oft pittoresk aus, ist von Ölbäumen oder Zypressen eingerahmt. Aus der Nähe sieht man nur Marmor, überirdisch aufgebaut. Die Toten ruhen hier nicht in der Erde, sie sind von Marmorplatten umgeben.

Wie können sie dort verwesen? Wer schon einmal in einem Archäologischen Museum war, hat dort meist auch antike Sarkophage gesehen. Auch die Sarkophage waren nicht in der Erde begraben, standen über der Erde. Und trotzdem haben sie das Fleisch gefressen, denn nichts anderes bedeutet das griechische Wort „Sarkophag“. Der Sarkophag ist der „sarko phagos“, der Fleischfresser.

Die Gräber sind fast schmucklos. Auf manchen stehen ein paar Fotos, raue Lebensdaten. Manchmal sind ein paar Kunstblumen um Kreuze gewunden, aber sonst kein Zeichen des Besuchs, kein Zeichen der Anteilnahme der Lebenden an der Schlafstätte der Toten. Kein Mensch außer uns auf dem Friedhof, aber eine offene Tür. Eine offene Tür vor einem Schuppen aus Zement, wie man ihn auf jedem Friedhof Griechenlands findet. Wir gehen hinein. Vier Kisten stehen dort aus Holz, aus Blech, nur eine ansatzmäßig verziert, ein Name steht drauf, ein Foto ist dran. In einem Holzregal darüber liegt ein Totenkopf auf einem Knochenhaufen, ein paar andere Knochen liegen achtlos herum. Die lieben Anverwandten haben sie ausgegraben. Wie in Griechenland üblich, müssen sie, wenn das Grab wieder genutzt werden soll, zunächst die darin Ruhenden ausgraben, ihre Gebeine in Rotwein waschen und sie endlagern.

Wieder einmal zeigen sich der Griechen andere Parameter. Des Toten Seele hat nicht im Grab geruht – wo genau, wissen sie auch nicht: Schon im Paradies oder in der Hölle? Oder noch im Hades, dem großen Wartesaal der Toten? Der Körper lag zwischen Marmor. Das Skelett ist entsorgt. Alles andere wird sich zeigen.

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