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Griechenland auf den Spuren der Steinzeit

Von Klaus Bötig | 13.Oktober 2012

Klassische Tempel und byzantinische Kirchen gehören zum Standardprogramm jeder Griechenland-Rundreise. Menschen lebten in Hellas jedoch schon lange vor der Entstehung erster Hochkulturen. Auch sie hinterließen im ganzen Land ihre Spuren.

Die Karstgebirge Griechenlands sind ein Dorado für Hobby-Spileologen. Stalagmiten und Stalaktiten in den vielen Tropfsteinhöhlen des Landes sind in Jahrmillionen zu wahren Zauberwäldern herangewachsen. Durch die Höhle von Pirgos Dirou auf der Mani-Halbinsel des Peloponnes kann der Besucher sogar in Booten gleiten, in der Spileo ton Limnon bei Kalavríta an unteririschen Wasserläufen und –fällen entlang spazieren. In einer Höhle am Psiloritis auf Kreta wurde Zeus geboren, in einer anderen in den kretischen Lassithi-Bergen von der Ziege Amalthia groß gezogen. Eine Sonderstellung unter allen Höhlen nimmt die von Petralona auf der Chalkidiki ein: Hier entdeckte man 1959 einen mindestens 160 000 Jahre alten menschlichen Schädel und damit die ältesten Spuren menschlichen Lebens in Griechenland. Die stets 17-18° kühle Höhle ist längst touristisch gut erschlossen, mit Hilfe von Puppen wird steinzeitliches Leben anschaulich dargestellt, ein Museum erläutert mit einfachen Mitteln sehr phantasievoll mutmaßliche Zusammenhänge.

In der gleichen Höhle fand man auch Knochen mancher längst ausgestorbener Tierarten, darunter Frühformen der Hyäne, des Löwen und des Nashorns. Hier hat man nicht viel Aufhebens um sie gemacht. Ganz anders auf Tilos, einer kleinen Dodeskanes-Insel zwischen Rhodos und Kos: Sie ist stolz auf die Überreste von etwa 1,20 m hohen Zwergelefanten, die noch vor etwa 10 000 Jahren auf der heute fast baumlosen Insel gelebt haben sollen. Ihre Knochen fanden zwei griechische Paläontologen 1971 in über 8 m dicken Ablagerungen vulkanischer Feinsedimente in der Charkadio-Höhle, die wahrscheinlich von einem Vulkanausbruch auf der Nachbarinsel Nisyros her stammten. Im Hauptdorf Megalo Chorio präsentiert man in einem eigens eingerichteten Museumsraum nicht nur Fotos von ihrer wissenschaftlichen Freilegung, sondern auch rekonstruierte Elefantenskelette.

 Ein Pfahldorf bei Kastoria

Wissenschaftlich weitaus korrekter als die Museen auf Tilos und in Petralona ist das in ganz Griechenland einzigartige Museumsdorf bei Dispilio am Ufer des Sees von Kastoria gestaltet. Hier geht es darum, zu zeigen, wie Menschen im Neolithikum lebten, genauer: in der Zeit zwischen etwa 5600 und 3000 v.Chr. 1932 entdeckten Archäologen an der Stelle des heutigen, 1999 gegründeten >Ecomuseums< Überreste hölzerner Pfosten, Tonscherben und Steinwerkzeuge im sumpfigen Boden. 60 Jahre später begann Prof. Georgios Hourmouziadis von der Aristoteles-Universität in Thessaloniki mit systematischen Ausgrabungen. Dabei kamen auch die Überreste dreier Boote und Skelettreste von fünf in Tongefäßen beigesetzten Steinzeitmenschen ans Licht. Heute geht man hier über breite hölzerne Stege zu acht strohgedeckten Lehmhütten, in denen herumliegende Koch- und Feldwerkzeuge den Eindruck erwecken, die Bewohner seien gerade kurz weggegangen. Im Schilf des Sees liegen rekonstruierte neolithische Boote. Das gesamte Ensemble wirkt sehr anschaulich, das Herumschlendern macht Spaß. Auf Wunsch wird man dabei von einer Museumsmitarbeiterin begleitet, die auch die Objekte im angeschlossenen Museumssaal erläutert. Da sind u.a. Tonfiguren, beinerne Flöten und neolithischer Schmuck zu sehen.

Erste Städte bei Volos

Als die Menschen am See von Kastoria noch in Pfahlbauten lebten, wohnten sie in Sesklo bei Volos am Pagasistischen Golf schon in einer vielleicht 3000 Einwohner zählenden Stadt mit etwa 800 Häusern. Die frühesten Siedlungsspuren reichen dort bis in die Zeit um 6500 v.Chr. zurück, ihre Blütezeit erlebte die Stadt vor ungefähr 6500 Jahren. Anders als bei den vielen anderen, sehr viel kleineren neolithischen Siedlungen Thessaliens sind hier nicht nur ein paar Bodenspuren zu sehen, sondern teilweise knie- bis hüfthohe steinerne Fundamentmauern, die einen Rundgang zum Erlebnis machen. Ähnlich wie im berühmten kretischen Knossos haben auch hier die Archäologen – wenn auch in viel bescheidenerem Maße und wissenschaftlich abgesichert – anschauliche Restaurierungen vorgenommen. So geht man durch die Überreste einer labyrinthischen Siedlung, die an und auf einem niedrigen Hügel, einer sogenannten Magula, angelegt war. Die Umgebung ist grünes Bauernland, in nicht allzu großer Ferne ragen die Gipfel des Pilion auf. Nur ein paar Kilometer entfernt haben die gleichen griechischen Archäologen die Magula von Dimini untersucht und dort eine sehr viel kleinere Stadt entdeckt, die ein Jahrtausend nach der Blütezeit von Sesklo Bedeutung erlangte. Hier lebten zwar nur etwa 300 Menschen, aber auch sie waren bestens organisiert, brannten in einem technologisch hoch entwickelten Brennofen kunstvolle dünnwandige Keramik. Sie wird im Archäologischen Museum von Volos ansprechend präsentiert. Weitere Funde aus den vielen neolithischen Siedlungen Thessaliens zeigt zudem das Archäologische Museum in der ehemaligen Moschee von Larissa.

Frühe Spuren in der Ägäis

Die ägäischen Inseln wurden erst sehr viel später als das Festland zum Siedlungsgebiet jungsteinzeitlicher Menschen. Bis zum späten Neolithikum besaß nur Milos größere Bedeutung, da hier Obsidian vorkommt, jener schwarze Glasfluss, der hervorragende Schneidewerkzeuge abgab. Er ist heute noch beim Herumwandern auf der Insel zu finden, so z.B. auch ganz in der Nähe des Hafenorts Adamas. Die älteste neolithische Siedlung legten Archäologen auf der winzigen Insel Saliagos zwischen Paros und Antiparos frei. Die Ausflugsboote von der parischen Hauptstadt Parikia nach Antiparos fahren dicht daran vorbei. Betreten darf man sie aber nicht, da sie in Privatbesitz ist.

Zu größerer Bedeutung gelangten die Inseln erst in den Zeiten des Übergangs zwischen Jungsteinzeit und früher Bronzezeit um 3200-3000 v.Chr. Sichtbarster Ausdruck des kulturellen Aufschwungs sind die zahlreichen, heute wieder ganz modern anmutenden Kykladen-Idole. Sie waren ganz aus Marmor gearbeitet und häufig mit metallischen, heute nicht mehrsichtbaren Farben bemalt. Die eindrucksvollsten Objekte dieser Kykladen-Kultur stehen mit dem auf Amorgos gefundenen, 152 cm hohen weiblichen Idol aus Amorgos und einem Harfenspieler als erstem Musikanten der griechischen Kunstgeschichte im Nationalmuseum in Athen. Besonders zahlreich sind die Objekte im Museum kykladischer Kunst auf der anderen Seite des Lykabettos-Felsens. Auf den Kykladen selbst besitzt das Archäologische Museum im Kastro-Viertel von Naxos die schönsten Stücke. Wer eine Siedlung aus jener Zeit sehen will, reist am besten nach Poliochni auf die nordostägäische Insel Limnos. Da reichen die ältesten Mauerreste bis in die Zeit um 3700 v.Chr. zurück. Viele weitere stammen in der sehr anschaulich aufbereiteten, landschaftlich ganz einsam gelegenen archäologischen Stätte aus der Zeit um 3000 v.Chr., als Poliochni wohl um die 1000 Einwohner zählte.

 LESETIPP

George A. Papathanassopoulos (Hg.): Neolithic Culture in Greece. Nicholas P. Goulandris Foundation, Museum of Cycladic Art, Athen 1996, ISBN 960-7064-15-1

 SURFTIPPS

http://www.cycladic-m.gr/

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