Schwarz gebrannt
Von Klaus Bötig | 17.März 2012
Schwarzbrenner mag es in Indien und in der Türkei geben, wo ihre Taten ja immer wieder Todesopfer fordern. Mit Gewissheit gab es sie bis vor kurzem noch in Irland und vor etwas längerer Zeit in den USA, wo sie sogar als Helden besungen werden. Aber in Ellada sind mir keine dieser Steuersünder bekannt, wenn es ums Thema Alkohol geht. Das mag daran liegen, dass in Weinanbaugebieten, die nicht das Glück hatten, schon 1830 von den Osmanen oder 1864 von den Briten befreit zu werden, das dörfliche Brennen von Tresterschnäpsen in lizenzierten gazania ganz legal ist, ob nun auf Kreta oder Samos, auf Rhodos oder Chios, im Epirus oder in Makedonia. Da zahlt der Brenner des Dorfes für 24, 48 oder 72 seine Steuern und darf in dieser Zeit destillieren, was er schafft. Jeder Dorfbewohner kann ihm seine Maische bringen, den Destilliervorgang auch morgens um Sechs schon als Fest gestalten und den Ertrag hinterher zum Eigenverbrauch mit nach Hause nehmen: ob nun als rakí oder tsikoudiá auf Kreta, als tsípouro auf dem Festland, als soúma auf dem Dodekanes oder als dsivanía auf Zypern.
Schwarzgebranntes gibt es in Griechenland dennoch en masse – auf CD und DVD. Süffisant ist daran nur, das solcherart Schwarzgebranntes zwischen Ägäis und Ionischem Meer fast ausschließlich von Schwarzafrikanern feilgeboten wird, obwohl die Hintermänner sicherlich eine weiße oder zumindest gelbe Naturweste tragen. Die Dauergäste von der Südseite des Mittelmeers sorgen dafür, dass Griechenland etwas Lokalkolorit behält. Roma reisen ja immer weniger mit Marketendergut durch die Dörfer in Hochgebirgen und auf winzigen Inseln. Die Plattenhändler aber sind allgegenwärtig, scheuen kein Kaiki und keine Staubpiste, um Michael Jackson und Maria Farandouri ins allerletzte Haus zu tragen. Da bleibt die Atmosphäre des alten Hellas wach, die auch braun gebrannte Urlauber schätzen.
Einen Schritt weiter als die griechischen Griechen sind allerdings wie so oft schon die griechischen Zyprioten. Die Brennen und Hören kaum noch schwarz, dafür bieten manche von ihnen ein ideales Konzept vor allem für Russen, Schwarzgeld weiß zu waschen. Und das ganz legal durch Gründung von Off shore-Companies. Warum sind da die Griechen nie drauf gekommen? Doch ehrlich gesagt: mir ist schwarz gebrannte Musik viel lieber als weiß gewaschenes Schwarzgeld aus den Kassen der ehemaligen roten Zaren und ihrer vorher so blässlichen Lakaien.
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