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Vom Homo erectus zum Homo cosmicus - Ein privates Museum auf Kreta

Von Klaus Bötig | 20.Mai 2016

Für Giórgos Petrákis war der erste Mensch auf dem Mond das zentrale Lebensereignis. Er war 1969 erst 16 Jahre alt, als Neil Armstrong am 21. Juli um 4.56 Uhr griechischer Zeit seinen Fuß auf den Erdtrabanten setzte. Sein Großvater hatte ihn extra geweckt, damit er das Ereignis am Schwarz-weiß-Bildschirm mitverfolgen konnte. Giórgos wurde in diesem Moment eins schlagartig klar: >Hier erobert kein Einzelner den Weltraum für sich – hier vollziehen wir Alle einen Riesenschritt in der Menschheitsgeschichte<. Die Beschäftigung mit der Menschheitsgeschichte wurde zu seinem Hobby, ein >Museum of Mankind< zu seinem Lebenstraum. Den hat er inzwischen in langwieriger Eigenarbeit verwirklicht.

Sein Museum liegt auf Kreta an einem steilen Hang neben der Straße von der Nordküste zur Lassithi-Hochebene hinauf dicht unterhalb der Passhöhe Séli Ambéliou. An vielen weißen, von Giorgos neu aufgestellten Windmühlen ist es schon von weitem gut zu erkennen. Alles, was man hier sieht, hat der ehemalige Zollbeamte selbst erdacht und finanziert, mit eigenen Händen geschaffen und gestaltet. Giórgos sitzt fast immer selbst in seinem kleinen Kassenhäuschen. Darauf legt er großen Wert, >denn wer außer mir kann entscheiden, welcher Besucher eine Ermäßigung oder gar freien Eintritt erhält?<. Ihm ist es wichtig, dass sich hier jeder Kreta-Besucher >weiterbildet<. Da lässt er trotz des ohnehin niedrigen Eintrittspreises Zaudernde auch gern einmal für die Hälfte oder umsonst hinein. Eins nämlich tut ihm weh: Wenn Urlauber sagen, sie würden sich für das Geld lieber ein Eis kaufen als sich der menschlichen Kultur zu widmen.

Der Zugang erfolgt durch einen labyrinthartigen Gang. Am Anfang stehen die Statuen eines Neandertalers und des Kosmonauten Jurij Gagarin. Am Ende ist ein 180 Mio. Jahre alter, versteinerter Baumstamm von der Insel Lesbos zu sehen. Dann beginnt die Darstellung der Stationen der Menschheitsentwicklung vom in Höhlen lebenden Menschen der Altsteinzeit über die Sesshaftwerdung bis zur Erschaffung des griechischen Götterhimmels. Alle zwölf Olympier sind als Statuen präsent. Damit ist für Giórgos die erste Stufe der Menschheitsentwicklung abgeschlossen. Ein besonderes Indiz der Weiterentwicklung ist dabei die Steigerung der durchschnittlichen Lebenserwartung von Epoche zu Epoche: Sie ist jeweils auf den sehr knapp gehaltenen Informationstafeln angegeben. Nun steht man vor einer kleinen Kapelle, für deren Bau Giórgos rund fünf Monate benötigt hat. >Und dann kam Jesus Christus<, verkündet eine Tafel in sechs Sprachen.

Gegenüber zeigt eine kleine Sonderausstellung die Entwicklung des Rades, die für Giórgos mit der Einführung der Leichtmetallfelge endet. Aus den folgenden fast 2000 Jahren hat er dann nichts zu vermelden – bis zu dem Tag, als Jurij Gagarin 1961 ins Weltall flog. Mit ihm ist für Giórgos die dritte Stufe der Menschheitsgeschichte erreicht: >Vom Homo erectus über den Homo sapiens zum Homo cosmicus<, wie er sagt. Dem weiteren Ausbau seiner Raumfahrt-Abteilung hat sich Giórgos in den letzten Jahren besonders intensiv gewidmet. Er erinnert an die Hündin Laika, die als erstes Lebewesen überhaupt 1957 ins All geschossen wurde und hat zuletzt auf Anregung einer russischen Touristin sogar Walentina Tereschkowa ein Denkmal gesetzt, die 1963 als erste Frau im Weltraum unterwegs war. Den Abschluss bildet für Giórgos ein Denkmal, das er für weltweit einzigartig hält. Es führt fünf Unfälle auf und nennt die Namen von 21 Männern und Frauen. Auf der Gedenktafel bezeichnet er sie als >Space Heroes<. Wenn Giórgos ihre Namen vorliest, treten ihm meist Tränen in die Augen – und er erzählt gern von den vielen Russen, die sich bei ihm dafür bedanken, dass ein Kreter auch ihrer Toten aus der Sowjetzeit gedenkt. An der zum Museum gehörenden Cafe-Bar, wo Giórgos Partnerin Olga den angeblich besten Capuccino Kretas zubereitet, kommt man leicht mit Giórgos ins Gespräch. Dann erfährt man auch, was ihn am meisten an der Menschheitsentwicklung fasziniert: >Der Mensch hatte keine Flügel, keinen Pelz, kein Raubtiergebiss. Er hatte nur Hirn, Hände und Visionen. Damit allein hat er es bis zur Eroberung des Weltraums gebracht<. Und Giórgos zu seinem ganz eigenen Museum.

Da steht seit 2016 nun auch ein Pferd, das ja ganz wesentlich für die Menschheitsgeschichte war. Es ist lebensgroß, aber aus Granit. Wer mag, kann sich auf seinen Rücken schwingen und sich mit einer Lanze in der Hand à la Alexander der Große darauf fotografieren lassen.

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