Von Korfu bis Zakinthos - Tagebuch einer Reise im Herbst 2016 - Teil 2: Lefkas/Lefkada
Von Klaus Bötig | 27.September 2016
Tag 15, Montag, 26.09.2016
14:30 Genau 30 Minuten nach dem Losrollen auf Korfu öffnet sich die Tür unserer Jetstream 31 der Sky Express auf dem Airport von Preveza. Keine andere Maschine ist da. Außer uns beiden steigen noch 6 andere Passsagiere aus. Die übrigen wollen weiterfliegen nach Kefallonia, Zakinthos, Kythira oder Sitia auf Kreta. Zu Fuß geht es in den Terminal. Christiane wartet am Band auf unsere beiden Koffer, ich gehe schon mal raus in die Halle. Die Counter zweier Autovermieter sind geöffnet. Ich entscheide mich für Enterprise statt Hertz.In fünf Minuten sind die Formalitäten erledigt. Wir bekommen einen recht neuen Panda, 105 € für 3 Tage. Im passenden Moment kommt Christiane mit den Koffern, zusammen mit dem Vermieter gehen wir 80 Schritte bis zum Fahrzeug und fahren 3 Minuten später los - 23 km bis in die Inselhauptstadtü von Lefkas, Lefkada. Ein Hotel gleich am Ende des Verbindungsdamm haben wir gestern schon via booking.com reserviert, 41 € Ü/F. Kleines, aber sehr ordentliches Zimmer, Balkon mit Lagunen-, Meer- und Festlandsblick.
15.15 Uhr. Schon sind wir im Zimmer. Eine Stunde Siesta ist erst einmal angesagt.
16:30 Ein sechsstündiger Stadtbummel beginnt. Ich mag Lefkada sehr. Das Städtchen ist anders als Korfu und Zakinthos nicht von der venezianisch-ionischen Aristokratie geprägt, sondern vom lefkadischen Kleinbürger- und Händlertum des 17.-19. Jh. Die bescheidenen Stadthäuser zeigen deutlich osmanische Einflüsse, die venezianischen Kirchen sind weitaus bescheidener als in Korfu und Zakinthos. Die ehemaligen Holzfassaden der Obergeschosse der Bürgerhäuser wurden nach einem schweren Erdbeben in den 1950er Jahren durch Wellblech entsetzt. Das ist in den verschiedensten Pastelltönen gestrichen, was dem Ort ein wenig karibisches Flair verleiht. Der Tourismus spielt hier nur eine Nebenrolle, Kreuzfahrtenschiffe legen hier überhaupt nicht an. Gelassenheit ist überall zu spüren, Freundlichkeit ebenso. Zu Bier, Wein, Ouzo und Tsipouro (zu normalen Getränkepreisen: 0,5 l Wein 4-5 €) gibt es fast überall noch kostenlos und automatisch ordentliche Mezedakia, so dass man nach zwei oder drei Bier auch gleich satt ist: Zu einem kleinen und einem großen Bier etwa je ein Tellerchen mit Saubohnen, Spetsofai und Kartoffenlsalat - für zusammen 6 €!
19:30 Zum Abendessen erwartet uns der 71-jährige Wirt Sotiris in seiner Taverne “Lighthouse”. Die heißt so, weil Sotiris mit seiner Frau Georgia einst in Washington DC in einem gleichnamigen edlen Seafood-Restaurant gearbeitet hat. Da war er für die Weiterversorgung lebend eingeflogener Lobster und anderer Schalentiere zuständig. 1979 kehrten beide nach Lefkada zurück und eröffneten Ihre sehr stimmungsvolle Taverne. Fast alles ist hausgemacht, vom Salat aus gegrillten Auberginen bis zum Kokoskonfekt und dem gewürzten Rotwein als Digestiv. Fleißig zur Hand geht Sohn Vassilis, der den Laden bald übernehmen wird. Im Winter haben sie bereits kräftig in eine neue Toilette (jetzt Männer und Frauen getrennt, “very important”), eine neue Küche (“very important”) und vor allem eine Durchreiche von der Küche auf die Terrasse (“very very important”) investiert. Vorher musste das bestellte Essen 36 Jahre lang ums halbe Haus herum von der Küche auf die Terrasse getragen werden.
23:59 Nach langem Abendessen und einigen Shopping-Recherchen waren wir noch in der Havanna-Bar und in zwei Cafés, in beiden gab es noch einmal kräftige Mezedakia bis zum Platzen, während viele Hellenen das Match Dortmund-Real verfolgten. Uns Bremer interessiert die Champions League ja schon lange nicht mehr…
Tag 15, Dienstag, 27.09.16
06.15 Ausgeschlafen. Ich setze mich auf den Balkon. Um 6:23 nimmt ein Fahrzeug der Straßenreinigung in der Hauptfussgängerstrasse seine Arbeit auf, drei Minuten später fährt ein Tiefkühllieferwagen in sie ein. Um 6:43 werden die Tische und Stühle eines ersten Cafés gleich unterhalb meines Balkons zur Öffnung vorbereitet. Nochmals 10 Minuten später ziehen die ersten Fußgänger vorbei. Die Morgendämmerung beginnt. Der Himmel über dem evritanisch-arkananischen Festland errötet, die erste Kirchenglocken läuten leise in der Ferne.
07:15 Ich breche zur Frührecherche auf: Kaffee suchen! Auf der Platia ist noch nichts geöffnet. Ich gehe zum Hotel zurück, da gibt es schon seit 7 Uhr Frühstück.
08:30 Auf geht’s zur ersten Inselrunfahrt (werden etwa 130 km werden). Erster Stopp: Kloster Faneromenis. Toller Blick auf Stadt, Burgen, Meer und Lagunen. Im kleinen Klosterzoo sitzt eine Gans in einer Plastikschüssel, als sei sie zum Gerupftwerden bereit. Aber niemand tut ihr hier etwas an. Ebensowenig wie den beiden Rehen, dem weißen Hasen, den Truthähnen, Hühnern und dem Papagei. Mittwochs allerdings kasteit man Gläubige: Da dauert der Gottesdient von 20.30-0.15 Uhr!
10:00 Erste Kaffeepause in der Landtaverne Sesoula in Drapano auf der Lefkata-Halbinsel. Wirtin Georgia erkennt mich wieder, erzählt vom schweren Erdbeben hier auf der Halbinsel im November 2015. Um die Schäden an ihrer Taverne zu beheben, musste sie 25 000 Euro aufbringen - staatliche Hilfen Fehlanzeige, Versicherung nicht abgeschlossen.
11:00 Am Traumstrand Porto Katsiki will der Parkplatzwächter 3 Euro, auch wenn wir nur 2 Minuten für ein Foto einfahren. Wir starten durch, halten 2 km weiter an einer Kantina am Straßenrand direkt auf der hier 213 m hohen Steilküste. Deren Besitzer Georgios sprudelt 20 Minuten lang los: über die Krruptheit griechischer Politiker jeder Ebene, über die mangelnde Effizienz griechischer Polizisten und Gerichte, über die vielen Touristen aus den ehemaligen Ostblockstaaten, die kaum Geld in der Tasche haben. Er beklagt das Ausbleiben von Deutschen, Österreichern und Norditalienern.
Die ganze Region sei nach dem letzten Erdbeben verarmt, da nicht einmal wichtige Zufahrtsstraßen zu den Stränden wieder instandbesetzt würden. Warum der Bilderbuchstrand Egremnos noch nicht wieder zu Fuß erreichbar ist, glaubt er ganz genau zu wissen: Der Besitzer des Schiffes, das im Sommer bis zu 1500 Leute pro Tag dahin gebracht habe, sei gut mit den entscheidenden Kommunalpolitikern vernetzt…
13:30 In Vassiliki erweist sich wieder einmal, wie wichtig eigene Vor-Ort-Recherchen sind. Seit 2015 ist dort eine neue Marina in Bau, der Hafen ist für den Fährverkehr nach Ithaki und Kefallonia wohl noch bis 2018 gesperrt. Wer jetzt per Schiff von Lefkas auf eine dieser beiden Inseln will, muss ab Nidri fahren. Statt einer Fährgesellschaft sind jetzt zwei aktiv: West Ferries nach Fiskardo auf Kefallonia, eine andere nach Frikes auf Ithaki. Abfahrten im Sommer jeweils 1-2x täglich.
16:00 Zurück in der schönen Stadt. Sie schläft.
19:00 Wir sitzen auf der Platia. Klugerweise hat man sie wie meist in Hellas nicht am Meer, sondern weiter ortseinwärts angelegt, das hält die Winde fern. Wieder kommt das alte, völlig abgemagerte, Filmreife Ehepaar und dreht seine Runden. Der Mann bedient die Drehorgel, sie bittet stumm um Gaben. Kinder reiten auf Löwen, Einhorn, Pferd oder Zebra über den Platz: Größen Plüschtieren, die die Kleinen durch ihre Körperbewegung selbst antreiben. Ein Spielsalon an der Platia hat zehn davon angeschafft und vermietet sie fünfminutenweise. Ein Kleiner reitet stolz sein Pferd. Kameraden necken Ihnen: “Petros reitet auf ‘ner Kuh”. Er wehrt sich: “Denn nie angelandet!” - “es ist keine Kuh!”.
Andere Kinder spielen Ball, schlagen Rad - diese Platia erfüllt noch eine Funktion als sozialer Mittelpunkt der Stadt.
Tag 16: Mittwoch, 28.09.2016
08:00 Der heutige Vormittag gehört der weithin unbekannten Bergwelt der über 1000 m hohen, teilweise dicht bewaldeten Insel. Vorbei an einem Denkmal für die blutige Niederschlagung eines Bauernaufstands im Jahr 1819 kommen wir nach Karya, dem größten aller lefkadischen Bergdörfer. Läden, wie man sie in den 1980ern noch überall in Griechenland fand, bieten massenhaft Webarbeiten und lefkadische Stickereien an, alte Frauen ganz in Schwarz mühen sich durch die Gassen.
10:00 Kurz vor Vafkeri erspähe ich rechts der Straße neben einer alten Platane einen runden Brunnen. Wir halten, entdecken hier auch noch den alten Waschplatz des Dorfes mit vier Waschstellen. Ein kleiner brauner Wegweiser macht auf eine einspurige Asphaltstraße aufmerksam, die zum 1,4 km entfernten Kloster Asomaton führt. Wir fahren hin und finden die eindrucksvollen Ruinen einer großen Klosteranlage aus dem 17. Jh. in völliger Waldeinsamkeit. Leider ist es noch zu früh für ein Mittagsschläfchen im Grünen…
12:00 Die Küste hat uns wieder, Recherchen in Nidri stehen an, dem bedeutendsten Badeort der Insel. Das Tolle an Nidri: Von hier aus kann man viele Schiffstouren unternehmen. Eine Fähre fährt viermal täglich nach Meganissi hinüber. Ein Ausflugsboot fährt zweimal wöchentlich zu den ebenfalls bewohnten Inseln Kastos und Kalamos.
Linienführung verbinden Nidri außerdem ganzjährig mit Frikes auf Ithaki und Fiskardo auf Kefallonia. Diese beiden Orte kann man auch auf Tagestouren mi einem Ausflugsschiff besuchen, das außerdem noch eine Badepause am Porto Katsiki Beach gewährt. Motorboote mit bis zu 30 PS können führerscheinfrei gemietet werden. Damit kann man z.B. Die ehemalige Onassis-Insel Skorpios umrunden. Damit nicht genug: etwa 40 Gehminuten entfernt gibt es einen Wasserfall, wo man in Süsswbasser baden kann. Außerdem werden geführte Wander- und MTB-Touren angeboten. Und Wassersport jeder Art ist auch möglich.
14:00 Ich gönne mir ein sehr üppiges und leckeres englisches Frühstück (7 € inkl. Saft und Tee). HP-Sauce wird ungefragt dazu gereicht.
15:40 Wir kommen zum Hotel in der Stadt zurück. Davor wartet schon fb-Friend Maria Laftsidis-Krüger auf mich, die gerade mit Familie und Freunden auf Lefkas Urlaub macht und die ich noch nicht persönlich kenne. Wir unterhalten uns sehr angeregt. Ich erfahre, dass die gelernte Bankkauffrau aus dem Ruhrpott schon fünf Kochbücher geschrieben hat ( griechische Küche natürlich) und dazu zwei Romane, die beide vor allem in Keramoti, Kavala, Thessaloniki und Xanthippe spielen, der zweite Band zudem auch auf Santorin und auf der Sithonia. Band 3 der “Familiensaga” ist in Arbeit…
19:10 Maria muss zur Familie zurück, Christiane ist wieder gut ausgeruht. Wir gehen auf die Platia, als Abendessen genügen uns Chtapodi und Gavros, beide mariniert - also sauer eingelegte Krake und sauer eingelegte kleine Fische.
22:30 Wir beschließen den Abend in der Gartenbar “Cubana”. Im Sommer gibt’s hier fast jeden Abend Salsa-Parties mit Live-Musik, auch jetzt noch etliche gute Rums und 7 Mojito-Varianten - und natürlich echte Havannas.
Tag 17: Donnerstag, 29.09.2016
12:00 Check-Out im Hotel. Über die Nehrung fahren wir zur Brücke, können Dutzende Reiher beobachten.
13:30 Am Flughafen von Preveza geben wir unser Auto zurück und checken mit fünf anderen Passagieren ein für den Weiterflug.
14:40 Zu Fuß geht’s zum Flieger, heute eine ATR-42 mit 42 Sitzen. Sie ist halb voll. Unser Kurs führt uns nicht auf direktem Weg über Lefkas hinweg, sondern nördlich und westlich an dessen Küste entlang. Porto Katsiki ist gut zu sehen. Nach 25 Minuten landen wir auf Kefallonia. Darüber dann mehr in Teil 3 meines Reisetagebuchs…
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