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Ziege mit Gräte

Von Klaus Bötig | 18.März 2016

Was hat eine Gräte in der Tomatensauce des Ziegengerichts zu suchen? Mein Freund und Mitarbeiter BASTIAN PARSCHAU, auf Kreta lebender Fotograf und Wanderreiseführer, hat es herausgefunden. Hier sein Bericht:

Eine kretische Familie machte Urlaub auf Karpathos. Wie jeden Abend ging sie in eine Taverne und bestellte, da sie in den ersten Tagen schlechte Erfahrungen mit Fleischgerichten gemacht hatte, fangfrischen Fisch. Schnell kam der Familienvater mit dem Tavernenbesitzer ins Gespräch. Das Gespräch ging natürlich, wie sollte es anders sein, um die Gaumenfreunden. Der Gastronom war sich sicher, bei der Zubereitung von Fisch gäbe es keine Geheimnisse; das einzige, was zähle, sei die Frische. Kreta, ja Kreta habe eine mehr als gute Qualität beim Fleisch, und auch das das Geheimnis der kretischen Fleischgerichte sei die Frische. <Wobei, ein Geheimnis muss es geben, denn auch hier auf Karpathos gibt es eine Taverne in den Bergen, die kocht Fleischgerichte, die habe ich noch nirgendwo gegessen, selbst nicht auf Kreta>.

Für den Familienvater war klar, morgen Abend geht es in die Berge von Karpathos. Am nächsten Abend in der Taverne waren die gewählten Fleischgerichte  wirklich allesamt eine Gaumenfreunde, besonders angetan waren jedoch alle von der Ziege in Tomatensauce.

Die Portion war so gut wie aufgegessen, da fand das Familienoberhaupt eine Fischgräte in der Tomatensauce. Den Appetit konnte es ihm nicht mehr verschlagen, da das Mahl beendet war. Als komisch empfand er es doch, sagte aber in der Taverne kein Wort zur Fischgräte. Die restlichen Tage des Urlaubs entschied man sich wieder für frischen Fisch.

Zurück auf Kreta ging der Kreter ins Kafenion, um seinen Bekannten und Freunden von dem Gesehenen und Erlebten zu berichten. Besonders in Erinnerung geblieben war ihm natürlich die Taverne in den Bergen mit der Fischgräte. Alle waren sich einig, dass der Wirt einfach alle Essensreste in einen Topf geschüttet  und so eine leckere Tomatensauce hergestellt habe.

>Und ihr wollt Kinder des Minos sein?<, ertönte die Stimme eines alten Schäfers. >Bei allen Fleischgerichten ist es wichtig, dass das Fleisch wild sein muss. Und ich sage dir, seine Ziege war wirklich wild<. Er klärte die Gruppe junger Männer auf. <Die Leitziege ist wichtig. Wo sie hingeht, da gehen alle anderen Ziegen hin, rennt sie, so rennen auch die anderen. Jeder Schäfer, der wilde Ziegen hat, ruft einen Freund, dieser kommt und drückt der Leitziege eine stabile Fischgräte in ein Bein. Diese bleibt dann mehrere Monate lang im Bein. Die Eindrücke, oder sagen wir besser die Angst der Ziege gegenüber Fremden bleibt jedoch ein Leben lang. So ist es schwierig für Tierdiebe, die Ziegen dieser Herde zu fangen.>

>Sucht jetzt bitte nicht nach einer Fischgräte in eurem Meze> meldete sich der Wirt des Kafenions zu Wort <ich habe das Fleisch im Supermarkt gekauft!<

 

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