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Das kretische Schaukelpferd

Von Klaus Bötig | 18.August 2014

Im Dorf Vizari im Amari-Hochtal auf Kreta zwischen Rethimno und der Südküste lebt und arbeitet Jianni Voskakis, der vor vier Jahren das Geschäft von seinem Vater Nikos übernommen hat. Beide sind begnadete Holzschnitzer. Ich habe sie auch in mehreren meiner Kreta-Reiseführer erwähnt. Vor etwa vier Wochen erreichte mich eine Mail aus Berlin. Kreta-Urlauber hatten sich im Atelier Voskakis in ein Schaukelpferd aus Olivenholz verliebt, es dann aber doch nicht gekauft. Das bedauerten sie nun sehr und fragten mich, ob ich für sie einen Kontakt zum Holzchnitzer herstellen könnte. Ich bat meinen Freund, Kollegen und Mitarbeiter, den Fotografen Bastian Parschau, den Fall für mich zu übernehmen. Was er bei seinen Bemühungen erlebte und wie sie letztlich erfolgreich endeten, beschreibt er mir in einer Mail:

Lieber Klaus,

die Leser-Mail, die du an mich weitergeleitet hast, fand ich sehr nett, um nicht zu sagen: sogar süß.Du erinnerst dich, die Mail mit dem Schaukelpferd…
Wie du ja weißt,  hefte ich immer die Visitenkarten der Geschäfte,  Tavernen usw. in mein Buch, so dass ich immer an die Kontaktadressen komme, wenn ich sie brauche. Deswegen schrieb ich dir auch noch am selben Tag: kein Problem, Email sowie Telefonnummer kommen morgen…. Tja so wie das Leben manchmal spielt…. alle auf Kreta haben Karten, nur der Holzschnitzer Nikos Voskakis nicht. Und da erinnerte ich mich auch wieder sofort, er, oder besser gesagt sein Sohn, der nun schon seit 4 Jahren das Geschäft führt, will die Kosten so gering wie möglich halten. Außerdem ist er der Meinung, dass Karten für ihn keinen Sinn machen, denn warum sollte ihn ein Tourist anrufen? Ich gab ihm damals recht….
Naja, dachte ich mir, was soll es, dem Berliner Ehepaar muss geholfen werden! Also dann mit Google,  Facebook und Co…. Tja, Nikos ist einer der letzten, die weder eine Internetseite noch Facebook haben…… Naja, dachte ich, dann gebe ich halt die 1, 80 Euro aus und rufe die Auskunft an. Die haben mir dann sogar eine Mobilnummer gegeben… 8 Tage habe ich dort auch jeden Tag angerufen, das Telefon war aber immer außer Betrieb….
Heute, als ich in Spili war, dachte ich mir, was soll es…. ich fahre eben rüber….. Es kommt in der letzten Zeit selten vor, dass ich auf die Landkarte schaue, wo es lang geht…. Naja, nach so vielen Jahren und so vielen Kilometern… Heute aber war es dann soweit. Ich fuhr statt nach Vizari, wo Nikos lebt und arbeitet, nach Vrises und fand es auch sofort…..  sag jetzt bitte nix!
Als ich nach 40 Kilometern Umweg endlich ankam, habe das Dorf verständlicherweise nicht wiedererkannt…… Als ob ich nie dort gewesen wäre…… War ich ja auch nicht! Es war Mittagszeit, also niemand auf der Straße. Am Dorfausgang stand doch ein Mann. Ich fragte ihn, wo denn das Geschäft des Schreiners sei, der die netten Sachen aus Olivenholz macht….. „Mann o Mann,  bist du durcheinander“, antwortete er, „der ist doch nicht hier in Vrises,  der ist doch in Vizari!“  Mann o Mann, dachte ich mir, recht hat er, ich bin wirklich durcheinander…… Er erklärte mir den Weg, und sagte, ich solle Jianni doch bitte viele nette Grüße von ihm, seinem Onkel Andreas aus Vrisi, bestellen…… Tja, nach gut 40 Minuten kam ich dann endlich in Vizari an….. Noch bevor ich richtig parken konnte, begrüßte mich Jianni  mit Namen und ging dann sofort in seine kleine Küche und machte mir einen Kaffee….. Jianni konnte sich sogar noch daran erinnern,  dass wir immer Kaffee zusammen getrunken haben, und er wusste sogar noch, dass ich meinen Kaffee sketo trinke…….
Ich erzählte ihm die gesamte Geschichte,  die das Leben schrieb, und bestellte die schönen Grüße von seinem Onkel….. „Mann o Mann“, sagte er, „schau einer an, und ich bin gestern mit Schaukelpferd-Miniaturen fertig geworden“. Wir schauten uns beide nur an.  
„3 Jahre hatte ich dieses große Schaukelpferd, niemand wollte es haben….. Ostern haben es dann 2 Russen gekauft, wenn ich das gewusst hätte,  hätte ich es Ihnen nicht verkauft“…… Ein neues zu machen ist nicht einfach, nur etwa alle 5 Jahre findet er ein Stück Olivenholz, welches sich eignet .ein Schaukelpferd daraus zu bauen……. Schade schade….. um ehrlich zu sein, ich  sah, wie auch er sentimental bei der Geschichte wurde…. naja, ich habe jetzt seine Mobilnummer sowie Emailadresse…. Und er sagte, wenn sie wollen, bricht er seine Regeln dieses Mal und macht eine Ausnahme und verarbeitet eine andere Holzart….. Das Schaukelpferd damals hat 180 Euro gekostet.  Für eins aus einem anderem Holz müssten sie aber auch mit ca.140 Euro rechnen, es sei auch schnell fertig, da er ein Holzstück fertig kaufen könnte und sofort mit der Arbeit anfangen würde…

Gruss Basti

PS für deine/unsere Leser mache ich, was in meiner Macht steht!

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