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Griechenland auf den Spuren des Apostels Paulus

Von Klaus Bötig | 25.Oktober 2015

Zwei mehrjährige Missionsreisen führten den Apostel Paulus zwischen den Jahren 49 und 56 nach Griechenland. Auch auf seiner letzten Reise, die mit seiner Enthauptung in Rom endete, betrat er  mehrfach griechischen Boden. Eine Reise auf seinen Spuren beginnt in Kavala oder auf Samothrake.  Sie kann in Korinth oder Athen enden, aber auch noch weiter auf verschiedene Inseln führen.

In Troja trat ein Makedonier im Jahr 49 in einer Vision an den schlafenden Apostel heran und bat ihn: „Komm nach Makedonien und hilf uns.“  Wenig später brach er zu seiner ersten Europa-Reise auf. Wie in der Antike üblich, fuhren die Seeleute gern in Landnähe und liefen nachts einen Hafen an. So betrat Paulus höchstwahrscheinlich  im heutigen Palaiopolis auf Samothrake erstmals europäischen Boden, sah dort vielleicht die berühmte Nike von Samothrake, die heute im Louvre steht, nahm vielleicht sogar ein Thermalbad in den heißen Quellen mitten in einem mächtigen Platanenwald mit schönen Wasserfällen.

In Kavala und Philippi

Durch die ins Neue Testament aufgenommene Apostelgeschichte gesichert  war Kavala, das damals Neapolis hieß, dann der erste europäische Festlandsort, den der Verkünder des neuen Glaubens betrat. Ein sehr schönes, modernes Mosaik erinnert heute am Rande der Altstadt unweit des Hafens vor der Kirche Agios Nikolaos an dieses Ereignis. Über die Via Egnatia, antike Hauptverbindungsstraße von Konstantinopel ans Ionische Meer und die Adria, wanderte er dann mit seinen Begleitern Lukas, Timotheus und Silas vorbei in die antike Großstadt Philippi. Ein Stück dieser Via Egnatia wurde am heutigen Kloster Agios Silas zwischen Kavala und Philippi sehr gut restauriert. Hier kann man also nicht nur auf den Spuren,  sondern vielleicht sogar in den Fußstapfen des Apostels spazieren.

In Philippi, wo etwa 100 Jahre zuvor die Entscheidungsschlacht zwischen den Cäsar-Mördern Cassius und Brutus einerseits und Octavian und Antonius andrerseits stattgefunden hatte, lebte eine kleine jüdische Gemeinde. Ihr wandte sich Paulus zu und predigte ihr erstmals an einem Sabbat-Tag am Ufer des Baches Zygaktes. Eine der ihm lauschenden Frauen, eine gewisse Lydia, ließ sich in diesem Bach schon bald von ihm taufen – als erste Europäerin überhaupt. An der überlieferten Stelle steht heute eine moderne Kapelle, zu der auch ein Taufbecken für Kinder und Erwachsene gehört, daneben steht ein kleines Hotel, wo die Gäste der vielen hier stattfindenden Taufen gern übernachten.

Paulus in Thessaloniki und Verria

Von Philippi aus zog der Apostel über die Via Egnatia vorbei an Amphipolis, wo noch eindrucksvolle Ruinen der antiken Stadt und mehrerer frühchristlicher Basiliken stehen, und vorbei an Apollonia, wo bisher nur spärliche Ruinen am Ufer des schilfgesäumten Volvis-Sees freigelegt wurden, in die antike Metropole Thessaloniki. Dort kam er bei Juden unter und blieb wohl mindestens drei Wochen in der Stadt. Seine Anwesenheit erregte Tumulte, nahe dem heutigen Vlatadon-Kloster entkam er durch eine Mauerpforte seinen Verfolgern. Zusammen mit seinem Begleiter Silas zog er weiter an Pella, dem Geburtsort Alexanders des Großen, vorbei nach Verria. In der heutige Stadt mit ihren vielen byzantinischen Kirchen und einem stilvollen Byzantinischen Museum in einer alten Getreidemühle erinnern großflächige, moderne Mosaike an den Verkünder des neuen Glaubens. An der >Bema< genannten Stelle soll Paulus gepredigt haben; seit 1995 findet hier alljährlich ein >Pauleia< genanntes, religiöses und kulturelles Festival statt.   525w

Athen und Korinth

Von Verria bis Athen brauchte der Apostel dann 12 Tage. Den größten Teil des Weges legte er per Schiff zurück und landete schließlich im alten Hafen von Faliron, von dem einst auch Theseus gen Kreta gesegelt war. In Athen fand Paulus bei Juden und Heiden ein offenes Ohr, er predigte und diskutierte sowohl in der Synagoge als auch auf der antiken Agorá und schließlich sogar auf dem Areopag. Dort erinnert heute eine Gedenktafel daran, dass sich einer der obersten Athener Richter, Dionysos der Areopagit, sogleich nach einer Predigt mitsamt seiner Familie von Paulus taufen ließ.

Wirtschaftlich bedeutender als Athen war zu jener Zeit Korinth, dessen antikes Stadtzentrum heute auf dem Gebiet des kleinen Dorfes Archea Korinthos liegt. Hier stehen noch die Säulen zweier Apollon-Tempel aufrecht, die der Apostel in voller Funktion sah. Vollständig freigelegt ist auch die antike Agora mit ihren Ladengeschäften und Schänken – und der kanzelartigen Bema, von der der Apostel der Legende nach den Korinthern predigte. Die moderne Kirche gleich am Rande der Ausgrabungen ist natürlich ihm geweiht; ein Denkmal davor zitiert Paulus-Worte in vier Sprachen. Sie sind auch als >Liebeshymne< bekannt. Vom Korinther Hafen Kenchreai, von dem nur noch wenige Steine direkt am Ufersaum künden, kehrte Paulus dann nach Asien zurück, erreichte via Ephesos Caesarea im heiligen Land.

Paulus auf den Inseln

Die dritte Missionsreise des Apostels führte ihn einige Jahre später noch einmal zu den von ihm in Griechenland gegründeten Gemeinden. Auf der Rückfahrt segelte er an der kleinasiatischen Küste entlang, ging wahrscheinlich in Lesbos, Kos und Rhodos an Land.

Auf seiner vierten Reise, die mit seiner Enthauptung in Rom endete, betrat er den griechischen Festlandsboden nicht mehr. Er war mit dem Schiff unterwegs. Gesicherte Daten fehlen weitgehend. Kreta wird in der Apostelgeschichte erwähnt, ob Paulus und seine Begleiter dort aber wirklich an Land gingen, bleibt fraglich. Nur Europas südlichste Insel, das heutige Gavdos, wird namentlich erwähnt. An der Insel, die damals Klauda hieß, erlitten sie Schiffbruch. Solange der Inselzwerg noch einen eigenen Priester hatte – also bis in die 80er Jahre hinein – zeigte der den damals noch spärlichen Inselbesuchern gern eine von ihm selbst gezeichnete Karte, auf der er die vermeintlichen Schritte des Paulus über die Insel gewissenhaft eingezeichnet hatte, als wäre er selbst dabei gewesen.

Eventuell betrat Paulus nach einem zweiten Schiffbruch auch noch auf Kefallonia griechischen Boden. In der Apostelgeschichte wird die Insel Melita genannt. Da dass der lateinische Name der Insel Malta war, erheben die Malteser schon Jahrhunderte lang Anspruch auf den Besuch des Paulus. Einige Wissenschaftler widersprechen dem allerdings – denn in der Bibel wird ausdrücklich gesagt, dass die Insel im Adriatischen Meer liege. Die Route entlang der Ionischen Inseln nach Rom würde auch der antiken Gewohnheit entsprechen, möglichst wenig übers offene Meer zu segeln. So waren auch Cato, Cäsar und viele andere römische Würdenträger von Hellas via Korfu zum italienischen Stiefel gereist.  Wenn Paulus wirklich auf ihrer Insel war, dürfen die Kefallonier Stolz auf ihre Vorfahren sein: Gemäß Apostelgeschichte taten sie ihm große Ehre an, ließen sich durch ihn von zahlreichen Krankheiten heilen und versorgten sein Schiff, mit dem er nach drei Monaten zur letzten Etappe seiner Reise und seines Lebens aufbrach, reichlich mit Geschenken.

 

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