Griechenland Reisen

Blog Suche


Griechenland Artikel

Griechenland Themen

Griechenland Archive

Naxos kreuz und quer

Von Klaus Bötig | 14.Dezember 2011

 

Unter den 27 ständig bewohnten Inseln der Kykladen ist Naxos die größte, trägt mit dem 1004 m hohen Zas auch den höchsten Berg des Archipels. Die Strände der Insel, die gleich am Rande der Inselhauptstadt beginnen und sich über 20 km lang gen Süden ziehen, gehören zu den schönsten der Ägäis, bilden zum Teil sogar niedrige Dünenlandschaften vor bizarren, niedrigen Felskulissen, die wie Werke des Pinselns byzantinischer Ikonenmaler wirken. Das Kastro-Viertel der Inselhauptstadt, über drei Jahrhunderte lang Residenz des römisch-katholischen Herzogs der Kykladen, wirkt wie Mittelalter pur, entspricht mit seinen engen, verwinkelten Gassen, lauschigen Tavernen und guten Kunsthandwerksgeschäften dem Ideal eines Kykladendorfes für Urlauber. Die Mezedopolia an der Uferpromenade des Städtchens warten zu noch recht vernünftigen Preisen mit allerlei Meeresfrüchten, Spanferkel und Lamm vom Grill und den leckeren Kartoffeln der Insel auf, die selbst nach Athen exportiert werden. Naxiotischer Käse ist griechenlandweit berühmt – und ebenso eine inseltypische Spirituose, der Kitro-Likör. In der schicken Bar des Kitro-Produzenten Vallindras an der Paralia wird er für nahezu 20 verschiedene Cocktails kreativ genutzt.

Naxos bietet also beste Voraussetzungen für einen ganz entspannten Sommerurlaub griechischer Art. Aber auch Entdeckernaturen hat die teils üppig grüne, teils steppenhaft kahle Insel genug für eine ganze Urlaubswoche zu bieten. An mindestens einem Tag zum Beispiel die Tragea-Ebene, die fastvollständig von uralten Olivenbäumen bedeckt wird. Für die Anfahrt ist der Weg über die Ausgrabungen von Yria der interessanteste. Erst 1987 wurde dort ein antike Dionysos-Heiligtum freigelegt, dessen Tempel schon im 7. Jh. v.Chr. mit Marmor gedeckt war. Einige wieder aufgerichteter Säulen mit ionischen Kapitellen stehen in einem gepflegten kleinen Park in ganz ländlicher Umgebung. Weiter geht es hinauf ins Dorf Galanado, wo die Wirtin im einfachen, ganz ursprünglich gebliebenen Kafepantopolio gern bereit ist, mit einfachsten Mitteln ein zweites Frühstück samt Käse, Oliven und Spiegeleiern zuzubereiten. Am Dorfausgang bildet der Pirgos Bellonias den Auftakt zu einer ganzen Reihe typisch naxiotischer Wohn- und Wehrtürme aus venezianischer Zeit.

Bei Kato Sangri lohnt dann ein Abstecher zur bedeutendsten archäologischen Stätte der Insel, einem erst 1949 entdeckten und inzwischen aufwändig rekonstruierten Demeter-Heiligtum aus dem 6. Jh. v.Chr., der Glanzzeit der Insel. Im winzigen Grabungsmuseum ist ein marmornes Tempel-Innentor anschaulich restauriert, sogar ein hölzernes Türgelenk hat man nachgebaut. Auch die Dachkonstruktion wird hier verständlich, ein Tempelmodell im Maßstab 1:50 vermittelt ein gutes Bild vom antiken Bau. Vorbei am Bazeos Tower, in dem im Hochsommer  häufig Konzerte und Ausstellungen stattfinden , geht es nach Chalki, dem touristisch interessantesten Dorf der Tragea. Rund um die lauschige Platia laden Galerien und kleine Geschäfte zum Shopping ein. Katharina Bolesch und Alexander Reichhardt präsentieren Keramik, Steingut und Schmuck auf höchstem künstlerischen Niveau, im >Era< werden hausgemachte Marmeladen und eigene Pralinen-Variationen angeboten. Im Gliki Zoi serviert die fließend Deutsch sprechende Christina die wohl beste Orangentorte der Insel – und in der Destillerie Vallindras erfährt der Besucher alles über Geschichte und Herstellung des Kitro-Likörs. Ein kurzer Spaziergang durch üppige Gärten führt zur byzantinischen Kreuzkuppelkirche des Agios Georgios Diasoritis aus dem 11. Jh., mitten im Dorf steht der venezianische Wehrturm Pirgos Gratsia. Vorbei an der einzigartigen byzantinischen Kirche Panagia Drossiani, die dem seltenen Architektur-Typus der Drei-Konchen-Kirche angehört, geht es anschließend hinauf nach Kinidaros, wo sich Mutige über eine schlechte Piste bis zu den Garinou Springs vorkämpfen können. Einen üppigeren Oleanderwald als dort gibt es wohl in ganz Hellas nicht. Zum Tagesabschluss liegt der Kouros von Flerio, eine fast 6 m lange, unvollendet gebliebene Jünglingsstatue, seit über 2600 Jahren in einsamer Landschaft. Gleich daneben betreibt ein bäuerliches Geschwisterpaar im Paradise Garden ein simples Kafenio zwischen Feigen-,  Zitronen- und Ölbäumen. Den Rückweg in die Inselhauptstadt begleitet ein von den Archäologen sehr gut aufbereitetes antikes Wasserleitungssystem samt Wassertunnel und Aquädukt.

 Ein ganz anderes Naxos lernt der Reisende kennen, wenn er am Inselberg Zas vorbei in den Nordosten fährt. Da bildet das wahrscheinlich von kretischern Siedlern gegründete, auf 600 m Höhe gelegene Aperathos den Auftakt zu einer ganzen Reihe von Dörfern, die noch bis vor wenigen Jahrzehnten überwiegend vom Schmirgelabbau lebten. Im kleinen Geologischen Museum des Dorfes kann man das Gestein sehen, aus dem der heute kaum noch benötigte Naturschmirgel jahrtausendelang gewonnen wurde. Bei Stichfahrten hinunter zum alten Erzverladehafen von Moutsouna mit seinen vielen kleinen Stränden in näherer Umgebung sowie hinunter nach Lionas mit dem vielleicht schönsten Kieselsteinstrand der Kykladen sieht man verfallende Produktionsstätten und Eingänge in alte Stollen, die Überreste einer Seilbahn

und auch noch viele Schmirgelsteinhaufen, die auf einen Abtransport warten. In Koronos findet der Griechisch sprechende Reise auch noch viele alte Männer, die von ihrer einstigen Nebentätigkeit im Bergbau erzählen können.. Der richtige Ort, um auf Gesprächspartner zu warten, ist in Koronos die Taverne von Matina und Stavros an der winzigen Platia. Das Wasser, das auf den Tisch kommt, holt Matina noch aus dem Brunnenquell gleich neben ihrem Lokal, den Mizithra-Käse stellt sie täglich selbst aus der Milch ihrer eigenen Ziegen und Schafe her, die Eier für die Bechamel-Sauce auf dem Moussaka stammen von eigenen Hühnern. Hier ist Hellas so, wie es sich jeder leidenschaftliche Griechenlandreisende erträumt. Darum sind die drei restaurierten Dorfhäuser, die Matina und Stavros vermieten, auch meistens gut gebucht (Tel. 69 46 58 07 77).

 Infos

Anreise: Charterflüge ab Österreich. Linienflüge mit Olympic Air ab Athen. Täglich mehrmals Fähren ab Piräus auf der Strecke Paros-Naxos-Santorin.

Reiseführer: DuMont-Reisetaschenbuch >Mykonos, Paros, Naxos< von  Klaus Bötig, 288 Seiten plus Faltplan, 1. Auflage 2010, 14,95 Euro.

Alternative Quartiere im Kastro-Viertel und auf dem Lande: http://www.guestinn.com/

Beitrag aus: Allgemein | Ihr Kommentar »


...gehe weiter zu:

« | Startseite | »

Kommentare

Man muss eingelogged sein um einen Kommentar zu posten.