Reise-Tagebuch Insel Rhodos: 25.7.-1.8.2015
Von Klaus Bötig | 26.Juli 2015
26.7.2015
9:50 Uhr: Bin gestern Abend gegen 19 Uhr auf Rhodos gelandet. Flugzeug war voll besetzt. Mit dem Taxi in die Altstadt: Kostet seit dem 20.7. nun 25 statt bisher 23 Euro. Die Altstadt war wie immer brechend voll mit griechischen, türkischen und anderen Touristen. Auch jetzt am Mandraki-Hafen herrscht viel Betrieb - alles ist wie immer. Anders als Basti auf Kos ist mir hier bisher kein einziger Flüchtling aufgefallen. Und anders als noch vor 2 Wochen wartet niemand mehr vor Geldautomaten.
11:30 Uhr: Sitze im schönsten Gartenlokal der Altstadt, Socratous Garden. Habe mir aus meinen alten Notizbüchern ein paar Preise vergangener Jahre herausgeschrieben und vergleiche sie jetzt mit den heutigen. Frappé 2014 3,10 €, heute ebenso. Bauernsalat 2005 für 3,50, jetzt für 4,90 €. Pizza 2005 für 6 €, jetzt für 7,70. Flasche Wein 2005 für 13, jetzt für 18. Ich gönne mir gerade ein Glas Weißwein für 2,80 Euro, 12 schwarze Oliven inklusive.
23:59 Uhr: War den ganzen Tag in der Altstadt unterwegs. Toll und voll wie immer.
Keine Bettler, keine Flüchtlinge, keine Parolen an den Mauern…
27. Juli 2015
13:55 Uhr: Sitze in der Baron Lounge am Stadtstrand Elli Beach. Alles ist ganz normal, da gebe ich einfach mal ein paar aktuelle Preisbeispiele:
Fahrt mit Yellow Submarine 10 € für 30 Min.
Fahrt mit 100 km/h schnellem Speedboat 15 € für 30 Min.
Ganztägiger Bootsausflug nach Lindos 20 €
Gyros Pitta in der Nea Agora Schwein 1,80, Huhn 2 €
Linienbus nach Lindos 5 €
Linienbus nach Prasonisi an der Südspitze 9,60 €
Flasche Wein im Traditionscafe Aktaion ab 11 €, Grch. Kaffee 1,70 €
Flasche Wein in Weinbars Cafe. 16-57 €
Grch. Kaffee im Kafenio I Symi in der Nea Agora 1 €, Cola 1,50, Omelette 2,50
Gin Tonic im Minos Roof Garden und im Rachati 6
WLAN überall schnell und kostenlos
Benzin ca. 1,60-1,69€, Diesel 1,15-1,20
20:00 Uhr: Wieder Dutzende Gespräche, Lächeln, Freundlichkeit. Und ein ganz alter, schon etwas dementer Mann hat mir doch tatsächlich auf die Schultern geklopft, als er hörte, dass ich Deutscher bin. Beim letzten Stopp musste ich mich arg zwingen, meine journalistische Nur-zuhörenhaltung nicht aufzugeben: Die netten Leute bekannten sich als Neo-Nazis. Und forderten Gasöfen für Politiker. Widerlich!
28. Juli 2015
08:00 Uhr: Ein neuer Tag. Heute geht es per Mietwagen in ein paar Inseldörfer.
22.00 Uhr: Der Tag war sehr heiss, wir sind gut 160 km gefahren. Stopps in Charaki (iPhone verloren), am Lindos-Blick, in Kiotari, in Asklipio, bei einer neuen Esel-Ranch (demnächst mehr darüber), im Kloster Thari, auf der Elpida Ranch. Mittagessen um 14:30 in der Taverne Ingo (so heißt hier ein Berg), danach Agios Issidoros, Hotel Elafos auf dem Profitis Ilias, an der hohlen Platane von Archipolis. Überall supernette Leute, gute Straßen, günstige Preise. Im Hotel lange geduscht, jetzt ein großes Bier vom Fass (3€) und ein kleines Wasser (0,50€). Morgen früh als erstes in die Kirche des hl. Fanourios: Der ist in Griechenland für Verlorenes zuständig.
23:45 Uhr: Endlich wieder gut verträgliche Temperatur, nur noch etwa 25 Grad! Biggi vom Hotel Cava d’Oro, wo ich hier in der Altstadt meist wohne, erzählt begeistert vom Arbeitsstil und -eifer Bastians, der mich seit einigen Jahren bei meinen Recherchen in Griechenland unterstützt: Bei eigentlich schönen Tavernen, die er aber verdächtigt, viele Gerichte aus der Großküche zu beziehen, stellt er sich morgens ab 7 Uhr vor die Tür, um zu testen, ob Tiefkühl-Lieferwagen vorfahren!
29. Juli 2015
14:00 Uhr: Bin in Lindos. 41 Grad im Schatten. Uff! Erster Stopp war in Afandou. Habe den dort lebenden Helmut Gabler getroffen, der einen sehr schönen, kleinen nicht-kommerziellen Rhodos-Blog betreibt. Dann mit der in Düsseldorg geborenen Griechin Lisa in der Taverne Athiri an der Zufahrtsstraße zum Tsambika Beach gesprochen. Sie wollte sich mit einer kleinen Ouzerie in einem nordgriechischen Dorf selbständig machen. Würde nichts draus: Auch als Inhaberin einer Dorfkneipe musste sie wie in ganz Griechenland üblich für sich den gleichen Sozialversicherungsbeitrag zahlen wie ein befreundeter, gut verdienender Restaurantbesitzer in der nächsten Stadt. Griechenland braucht 50000 Reformen!
15:00 Uhr: Spannend. In Charaki wurde gestern ein weißes IPhone 4s gefunden. Ich denke, ich hatte ein schwarzes Fünfer. Hab jetzt erst mal je eine Mail an Frau, Sohn und Tochter geschickt. War meins vielleicht doch ein Vierer und weiß, nur die Lederhülle schwarz?
15:15 Uhr: Antwort meines Sohnes. Er glaubt, es war ein Vierer!
15:43 Uhr: Meine Tochter ist sich sicher: ich hatte ein weißes Vierer!
16:38 Uhr: auch meine Frau sagt: 4 und weiß. Und schickt mir sogar IMEI- und SIM-Nummer sowie Kaufdatum. Ich als ständiger Benutzer war also der Einzige, der es für ein schwarzes Fünfer hielt…. Hab halt nur Familie und Griechenland im Kopf….
16:50 Uhr: Darauf erst einmal einen Freddo Espresso Metrio (3,20€) in der Captain’s House Bar! Draußen sind es immer noch 38 Grad…
21:30 Uhr: Zu früh gefreut. Das gefundene iPhone war zwar ein Vierer und weiß, hatte aber rosa Streifen und war bereits von einer Frau abgeholt worden, die auch alle Zugangsdaten hatte. War also mi Sicherheit ihres. War außerdem in einem Cafe in Charaki gefunden worden, in dem ich nie war.
22:15 Uhr: Es wird wieder kühler. Momentan nur noch 28 Grad, morgen maximal 34.
30. Juli 2015
23:59 Uhr: Auf Tour von 8 Uhr morgens bis eben. Ein Tag voller schöner Begegnungen, Neuentdeckungen, leckeren Kleinigkeiten. Wenig Kilometer, viele Stopps. Zuerst auf den Filerimos. Da haben die vielen Pfauen gerade Küken. Dann in die Taverne Deipnos direkt gegenüber der Ankunftshalle des Flughafens. Der ideale und sehr preisgünstige Platz, wenn man lange vor Abflug am Airport ankommt. Hier sitzen meist auch wartende Busfahrer und Reiseleiter. Dann zum Weingut Triandafillou. Inhaberin Anastasia hat ganz in der Nähe eine schöne Taverne gebaut. Jetzt wartet sie auf die Betriebsgenehmigung. Die wird sie vielleicht nie bekommen: Sie hat ihre Taverne in einer Art Naturschutzgebiet errichtet…
Dann zum Straußenpark. Inhaber Jorgos ist besonders stolz auf ein über 3 m langes Komboloi aus über 20 Straußeneiern. Jedes ist mit einem rhodischen Motiv bemalt. Auch er hätte gern eine neue Taverne am Rande seines Zoos errichtet. Er war jedoch so klug, vorab eine Genehmigung zu beantragen. Die wurde ihm wegen des Naturschutzes verweigert. So hat er sie also nicht gebaut und kein Geld in den Sand gesetzt.
Nächster Halt: die Taverne Petaloudes am unteren Eingang zum Schmetterlingstal. Der Inhaber, mein langjähriger Freund Theophilos, wird am 3. August 84 Jahre alt und arbeitet immer noch tagtäglich. In der Küche schwitzt seine Frau - 81 Jahre alt. Am Nachbartisch sitzt ein junges ungarisches Paar mit der ungarischen Ausgabe meines Marco Polo Rhodos in der Hand. Das freut mich…
Danach Kurzbesuch auf der Terrasse der Kirche Kalopetra. Ein frisch gepresster O-Saft kostet hier nur 2 Euro. Anschließend Stopp auf der Passhöhe an der Kantina Panorama Alexandros. Hier trinken die Feuerwehrleute ihren Cafe, die rund um die Uhr die umliegenden Wälder im Blick haben. Dann Fahrt hinunter nach Psinthos zum Tavernencheck: Orangenkuchen mit Vanilleeis im Artemida House, einen Souma (rhodischen Tresterschnaps) an den Fasouli Springs, ein langes Gespräch mit dem perfekt Deutsch sprechenden Wirt der Taverne To Smaragdi an der Platia.
Jetzt nach Stegna unterhalb von Archangelos. Da warten Vassili, seine Frau und sein erwachsener Sohn in einer exzellenten Fischtaverne auf Bastian und mich. Um 23 Uhr fährt mich Bastian dann zurück in mein kleines Hotel in der Altstadt. In meinem Notizbuch sind wieder viele Seiten gefüllt - mit aktuellen Infos, die keiner meiner Kollegen hat…
31. Juli 2015
11:00 Uhr: Bin in der Neustadt unterwegs. Schönste Strasse hier: Odos Nikiforou Mandilara (Fußgängerzone). Mein Lieblingscafé hier: Koukos. Eindrücke: Britische Männer besitzen keine Hemden mehr! Junge griechische Männer trinken fast nur noch Freddo Espresso! Handies und Autoschlüssel gehören immer noch als Statussymbole auf den Tisch! Touristen können unglaublich weiß sein, Griechinnen unglaublich blond sein (für eine griechische Fernsehkarriere unerlässlich)! Hornhaut an den Füssen dürfte auf Rhodos bald ausgerottet sein - Fish Spas gibt es hier dutzendweise (5€/15 Min.).
14:00 Uhr: Habe gerade in der Taverne Lipsi in der Altstadt eine Portion Gyros gegessen. Hier gibt es auf Wunsch Bukovo dazu, jene geriebenen, getrockneten roten Paprikas, die man sonst in Hellas fast nur in Makedonien findet. Und das Dessert stiftet wie in fast allen guten griechischen Restaurants der Wirt - jetzt im Hochsommer meist Wassermelone oder ein kleines Küchenstücks mit einer Kugel Vanilleeis.
Übrigens: Von einem Restaurantsterben auf Grund von Krise oder All-Inclusive-Wahn kann in der Altstadt von Rhodos keine Rede sein. Es werden vielmehr von Jahr zu Jahr immer noch mehr Tavernen.
15:00 Uhr: Traf eben ein nettes Pärchen aus Verona zufällig wieder, mit dem ich im Inselsüden ins Gespräch gekommen war, weil sie die italienische Ausgabe meines Marco Polo Rhodos auf dem Tisch liegen hatten. Sie hatten dort das seltene Glück, ein wildes Rehkitz am Straßenrand zu sehen!
15:30 Uhr: Vor der Rückkehr in mein Hotel, das Cava d’ Oro, gönne ich mir als Schlaftrunk einen halben Liter Mythos vom Fass in der nahen Taverne Laganis: Es kostet hier nur 2 Euro. Am Nachbartisch sitzen vier junge Frauen fröhlich und angeregt auf Englisch: zwei Griechinnen und zwei Türkinnen. Beim Abschied machen sie aus, sich demnächst auf der Izmir nahe gelegenen griechischen Insel Chios wiederzutreffen.
18:00 Uhr: Habe gerade 90 Minuten Siesta hinter mir, die erste in dieser Woche. Es ist hier so warm, dass ich selbst abends auf meine wegen ihrer vielen Taschen so geliebte Weste verzichte und obenrum nur ein dünnes, kurzärmliges Hemd trage.
23:30 Uhr: Die Aussagen deutscher Veranstalter vermitteln ein völlig falsches Bild der tatsächlichen Lage. Die Griechenland-Buchungen sind keineswegs stabil. Die Großveranstalter mögen zwar durch Niedrigstpreise, die die griechischen Hoteliers zu ertragen haben, gute Buchungszahlen erzielen, die Hoteliers aber leiden unter dem Preisverfall. Deutsche Individualtouristen kommen kaum noch und Hoteliers, die sich dem Preisdruck der Veranstalter nicht beugen, bekommen fast keine Buchungen mehr. Sie müssen aber ihr Personal weiter bezahlen - in bar, weil viele Angestellte kein Girokonto besitzen. Dafür brauchen Sie Bargeld. Die Veranstalter zahlen oft erst am Saisonende, viele der wenigen Individualgäste zahlen mit Kreditkarte. Und der Hotelier darf nur 420€ pro Woche abheben. Woher soll er also das Bargeld nehmen, um seine Mitarbeiter cash zu entlohnen?
1. August 2015
01:00 Uhr: Zurück in meinem Hotelzimmer. Beim Verlassen hatte ich Umwelt-Schludri vergessen, die Klimaanlage abzustellen. Welcher Genuss, endlich wieder einmal 21 Grad Kühle zu erleben!!!
08:20 Uhr: Frühstück bei 28 Grad, 32 sollen es noch werden.
10:45 Uhr: Wenn ich sehe, wo Reiseveranstalter manchmal ihre Kunden unterbringen, werde ich immer wieder wütend. Kallithea, Faliraki, Ixia, Triandafillou, Kremasti, Kiotari - ein Graus. Freunden würde ich nur die Altstadt von Rhodos, das Dorf Lindos, Charaki und vielleicht noch Pefki und Stegna empfehlen…
14:10: In 10 Stunden darf ich wieder die Bremer Kühle genießen. Ich freu mich drauf. Heute Morgen war ich noch mit Bastian im Auto unterwegs. Auf der Akropolis der Stadt Rhodos (toller Ausblick), im Park von Rodini (sauber, aber ungepflegt) und auf dem Wochenmarkt nahe dem Hauptfriedhof (tolles, superpreiswertes Fischrestaurant “Aegean Fish”). Bastian ist gestern Nacht beim Überqueren der Straße noch von einem Moped angefahren worden. Fahrer und er gingen zu Boden, Fahrer sprang als erster wieder auf under raste davon. Bastians Knöchel ist arg geschwollen. Heute Nachmittag muss er nach Kreta fliegen, dort morgen für eine große deutsche Wochenzeitschrift einen deutsch-griechischen ehemaligen Europapolitiker fotografieren. Montag kommt er wieder nach Rhodos und recherchiert noch für mich in rhodischen Dörfern.
15:25 Uhr: Die Troika und der Mindestlohn. Der gilt ohnehin fast nur für Staatsangestellte. Im wichtigsten Industriezweig, dem Tourismus, gelten meist Stundensätze von 3 Euro. Pünktliche Lohnzahlung ist nicht garantiert, Sozialversicherungspflicht wird oft umgangen. Man sollte sich an Hongkong ein Beispiel nehmen: Da wandern Arbeitgeber, die den Lohn nicht pünktlich zahlen, schnell ins Gefängnis!
15:40 Uhr: Ein letztes Gläschen Retsina im Laganis. Schon die letzten Tage sind mir Männer aufgefallen, die ein weißes Hemd am Kleiderbügel vor sich hertragen. Jetzt höre ich des Rätsels Lösung: Es sind Kellner auf dem Weg zur Arbeit. Sie müssen die Hemden täglich bei sich zu Hause waschen und können sie dort nicht anziehen, weil sie dann bei Ankunft im Restaurant schon total durchgeschwitzt wären.
15:45 Uhr: Ein israelischer Jumbo-Jet fliegt tief über der Stadt Richtung Airport. Toller Anblick. Israelis lieben Rhodos. Es ist nah, es gibt eine kleine israelitische Gemeinde mit großer Geschichte - und ein Super-Spielcasino!
18:00 Uhr: Freund Vassili hat mich in seinem nagelneuen Opel-Minibus zum Airport gebracht. Lange Warteschlange am Germania-Schalter. Vassily schnappt meinen Personalausweis und meinen Koffer, nach 100 Sekunden bin ich eingecheckt. Gut, wenn man Freunde hat! Und so funktioniert ganz Griechenland auch trotz Krise. Man hat gute Freunde und viele Verwandte (selbst Cousins/Cousinen gelten hier noch als enge Verwandte) - da lässt sich fast jedes Problem regellos lösen…
23:59 Uhr: Bin wieder in Bremen - Ende des Tagebuchs. Ab 31. August werde ich auf der Chalkidiki, in Ost-Makedonien und Thrakien sowie auf der Insel Samothraki unterwegs sein. Dann gibt es wieder ein Tagebuch - und bis dahin wie gewohnt Kurzmeldung und Kurzberichte aus allen Teilen Griechenlands.
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