Kreta-Splitter 3
Von Klaus Bötig | 5.April 2016
Bastian Parschau ist viel auf Kreta unterwegs, arbeitet da als Bauer, Erntehelfer, Wanderführer und Fotograf, recherchiert auch für meine vielen Kreta-Reiseführer mit. Was er so in den letzten Tagen am Rande zu hören bekam, gewährt gute Einblicke in den kretischen Alltag:
Zeugen gesucht
>In der Nacht von Donnerstag auf Freitag haben unbekannte Täter alle 2500 Artischocken des Bauern Kostas Kanelopolous abgeerntet. Es gelang den Tätern, unbemerkt über den südlichen Feldweg mit der gesamten Beute zu entkommen. Der entstandene Schaden wird auf weit über 3.000 € geschätzt. Sachdienliche Hinweise nimmt jedes Kafenio der Region entgegen<
So sähe vielleicht auf dem deutschen Land eine Kurzmeldung über das Ereignis aus, das letzte Woche Gesprächsthema Nummer 1 in den Dörfern einer mittelkretischen Region war. Der Bauer hatte als einziger in der Gegend im letzten regenarmen Winter seine Artischocken regelmäßig bewässert. Neidvoll blickten die anderen Bauern auf seine doch wirklich gelungenen, grossen und doch zart aussehenden Artischocken. Sollte der nächste Winter wieder so regenarm ausfallen, da waren sich alle Landwirte sicher, würden auch sie ihre meist für den Eigenbedarf angebauten Artischocken bewässern, dessen waren sich viele sicher.
Doch bevor er sie ernten und auf dem Markt verkaufen konnte, kamen nun vor einigen Nächten die arbeitswilligen Langfinger und ernteten die gesamte Farm ab. So wurde in nur einer Nacht aus dem Neid Mitleid. Der geschädigte Bauer kann sich aber der Mithilfe Aller an der Aufklärung des Diebstahls sicher sein. Selbst göttlicher Beistand ist ihm gewiss, denn auch der Dorfpriester hat die Ermittlungen in diesem Fall aufgenommen. Natürlich wird von der Polizei, neben den vielen Viehdiebstählen in der letzten Zeit, auch der Artischockendiebstahl bearbeitet. Doch mehr Hoffnung setzt der Bauer auf die Arbeit der ländlichen >Sonderkommission Artischocke< seiner Kollegen, welche ihre Arbeit noch am Freitagmorgen aufgenommen hat.
Urlaub für Hunde
Jeder Wanderer wird bei der ersten Begegnung mit einem kritischen Hütehund etwas Angst gehabt haben. Die ist aber fast immer unangebracht. Kritische Hunde wissen zumeist, dass ein Wanderer nichts Böses im Sinn hat, sondern die Schafe links liegen lässt und seinen Weg fortsetzt. In den letzten Monaten jedoch gab es immer wieder Berichte über, nennen wir es mal`verhaltensauffällige reinrassige Hunde`, im Grossraum Armeni auf Kreta.
Dort gibt es inzwischen nämlich ein Hundehotel für gestresste Vierbeiner aus Großstädten. So wissen die Gäste eines Kafenio von einem wirklich schönen Hund aus New York City zu berichten, welcher aber in den ersten Tagen Angst vor Schafen und Ziegen hatte. <Ihr könnt euch aber sicher sein, vor einem Schaumbad und dem anschliessendem Fönen hat dieses Tier im Gegensatz zu unseren keine Angst>, bemerkte die Wirtin des Dorfcafés und stellte die kleinen Kaffeetassen ab.
`The Dog Hotel` ist der Name dieser Fünf- Sterne- Clubanlage für des Menschen besten Freund. Das einfache All- Inclusive- Programm beginnt bei 120 € die Woche. Die Herrchen oder Frauchen, die darauf bestehen, dass ihr treuer Freund auch im Urlaub nur Filetstückchen bekommt, zahlen natürlich mehr.
Ebenso ist die Ausbildung zum richtigen Schäferhund nicht im Grundpreis enthalten, jedoch gegen kleinen Aufpreis organisierbar und bei Hundehaltern aus aller Welt beliebt. Der Hotelbesitzer ist sich sicher: <es ist nur eine Frage der Zeit, bis es sich in den Hundesalons von New York bis Berlin herumgesprochen hat, was für eine schöne Zeit die Tiere hier haben>. Die ersten Rückmeldungen der Hundehalter lassen den Hotelier in eine rosige Zukunft blicken. Die Hunde seien ganz entspannt und relaxt aus dem Urlaub wiedergekommen.
Ansichtssache: 2 Albaner oder 15 Touristen?
Vasilis, der Wirt der Taverne `Kastelos` im gleichnamigen Dorf südlich von Rethymno, hat im letztenJahr erstmals eine Wein-Tour für Urlauber organisiert. Mehrere Tage lang standen Besuche bei kritischen Winzern und ausgiebige Weinproben auf dem Programm. Am letzten Tag durften sie dann auf dem Weinberg von Vasilis bei der Weinlese helfen. Im Dorf war es die Sensation: Vasilis ließ 15 Touristen für sich arbeiten. Abends musste er sich von den anderen Bauern aber schwere Kritik anhören: >Die Arbeit hätten zwei Albaner besser verrichtet als die 15 Touristen<.
<Ja, aber die beiden Albaner hätte ich für die Arbeit bezahlen müssen und ich hätte ihnen hinterher ein Essen spendiert. Die Touristen bezahlen mich aber für beides. Außerdem ist es mir egal, wer mir bei der Lese hilft. Ich will, dass meine Helfer glücklich nach Hause gehen. Die Albaner gehen satt und mit etwas Geld in der Tasche heim. Und die Touristen gehen mit dem Gefühl, etwas Grosses geleistet zu haben. Und wer weiß, vielleicht trinken sie ja im nächsten Urlaub den Wein der Trauben, die sie heute geerntet haben und bezahlen sogar noch dafür.
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