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Kretische Mythologie - respektlos kurzgefasst

Von Klaus Bötig | 8.Dezember 2012

Glaubt man der griechischen Mythologie, hat Europa seinen Namen der Lüsternheit des griechischen Göttervaters Zeus zu verdanken. Eine Geschichte wie eine Seifenoper. Der rauschebärtige, nicht mehr ganz junge Gott begehrte eine zarte phönizische Königstochter. Er war Realist genug zu wissen, dass er trickreich vorgehen musste, um sie zu gewinnen.

Also verwandelte sich Zeus in einen jungen, kraftvollen weißen Stier. So näherte er sich der Prinzessin, die gerade mit ihren Gespielinnnen an den Gestaden ihrer Heimat Blumen pflückte. Sanft legte er sich zu ihren Füssen nieder. Als sich die Königstochter jedoch vertrauensvoll und munter lachend auf seinen Rücken setzte, stürzte er mit ihr davon und trug sie übers Meer an die Südküste Kretas. Am Strand von Matala gingen sie an Land. In Gortys -in römischer Zeit Inselhauptstadt - feierten sie Hochzeit (vornehm ausgedrückt, oder?) unter einer Platane. Die Braut hieß Europa, ihr Sohn wurde als Minos erster König von Kreta. Er blieb als ein großer Gesetzgeber unde absolut gerechter Herrscher in den Köpfen des Menschen des Altertums lebendig, in dessen Reich Wohlstand und Frieden herrschten.

Auch der Stier blieb in Erinnerung: als heiliges Tier der minoischen Zeit, jener ersten Hochkultur auf europäischem Boden im zweiten Jahrtausend vor Christi Geburt. Beinahe zahllos sind die einzigartigen Kunstwerke jener Epoche im gerade wieder sukzessive  neu eröffnenden Archäologischen Museum von Iraklio und in den kretischen Provinzmuseen (von denen das in Agios Nikolaos mindestens noch bis 2014 geschlossen ist). Zahlreich sind auch die Überreste von Städten und Palästen, Villen und Gräbern, die Archäologen in den letzten 100 Jahren ans Tageslicht brachten.

Am berühmtesten von allen archäologischen Stättwen ist Knossos ganz nahe bei Iraklio. Hier soll der sagenhafte König Minos residiert haben; hier vermuten Manche auch das berühmte kretische Labyrinth. Der legendäre Dädalus, der später zusammen mit seinem Sohn Ikarus zum ersten Flieger der Weltgeschichte wurde, hatte es im Auftrag von König Minos entworfen. Minos ließ darin den Minotaurus einsperren, ein gefräßiges Ungeheuer, halb Mensch, halb Stier. Auch er war ein Produkt unbezähmbarer Lüsternheit.

Meeresgott Poseidon hatte Minos zum Zeichen seiner Anerkennung als Herrscher Kretas einen Stier von unvergleichlicher Schönheit geschickt. Mios hätte ihn sogleich wieder dem Gott opfern sollen, behielt ihn aber für sich selbst zurück. Das erzürnte Poseidon. Seine Rache traf Pasiphae, die Gemahlin des kretischen Königs. Er erfüllte sie mit dem brennenden Verlangen, sich dem Stier hinzugeben. Wieder einmal war Dädalus erfinderisch. Er schuf eine innen hohle, hölzerne Kuh, in die Pasiphae nackt hineinschlüpfen konnte. Der Stier des Poseidon erkannte die Täuschung nicht - und bald darauf gebar Pasiphae den schrecklichen Minotaurs, halb Mensch, halb Tier.

Dessen Lieblingsspeise waren Jünglinge und Jungfrauen aus Athen und Attika. Regelmäßig musste der König aus der heutigen Hauptstadt eine Gruppe von ihnen als Sühneleistung für den Mord an einem Sohn des Minos nach Kreta entsenden. Erst der antike athenische Nationalheld Theseus entband ihn von dieser traurigen Pflicht. Er reiste mit einer Gruppe Todgeweihter nach Knossos, um den Minotaurus zu töten. Ariadne, eine Tochter des Minos, verliebte sich in ihn und bot ihm ihre Hilfe an. Vom erfinderischen Dädalus erhielt sie den Tipp mit dem “Ariadne-Faden”, den Theseus dann entrollte, als er sich ins Labyyrinth wagte. Es gelang ihm, das Ungeheur zu töten und dank des Fadens auch wieder aus dem dunklen Gängegewirr herauszufinden.

Ariadne freilich musste mit dem Geliebten fliehen. Als sie aber mit ihrem Schiff zu Kykladeninsel Naxos gelangten, verlangte es den Gott  Dionysos nach Ariadne.  Er befahl dem Helden Theseus, ohne sie weiter zu fahren. Traurig darüber vergaß er nun eine Vereinbarung, die er mit dem sehnsüchtig auf seine heile Rückkehr wartenden Vater in jenen telekommunikationslosen Zeiten getroffen hatte: Statt weiße Segel zu setzen, wie für den Fall seines Überlebens ausgemacht, näherte er sich unter schwarzen Segeln der Heimat, die seinen Tod signalisierten.  Als sein Vater, König Ägäus, sie sah, stürzte er sich aus Verzweiflung in das Meer, das bis heute seinen Namen trägt - die Ägäis.

Dädalus hatte inzwischen in Knossos Probleme bekommen. Seine Unterstützung für die Gelüste der Pasiphae und für den jungen Athener Theseus wurden ruchbar. Dädalus sann auf Flucht. Er klebte Vogelfedern mit Honigwachs zusammen und erhob sich zusammen mit seinem Sohn Ikarus in die Lüfte. Über der Ägäis kam Ikarus jedoch übermütig der Sonne zu nahe. Das Wachs schmolz, Ikarus stürzte bei der heute nach ihm benannten Insel Ikaria ins Meer und wurde so zum ersten Absturzopfer der Weltgeschichte. Dädalus aber entkam nach Sizilien.

Kreta ist voll solcher Mythen. Aufgeschrieben wurden sie allerdings nicht von den Minoern selbst, sondern erst Jahrhundete nach deren Untergang von altgriechischen Autoren. Bis heute sind sie auf Kreta zumindest in aller Fremdenführer Munde und fördern den Ausflugsverkehr. Eine dieser vielen Legenden ist auch der Grund dafür, warm jährlich Zehntausende in die eigentlich völlig belanglose Tropfsteinhöhle Diktäon Andron auf der Lassithi-Hochebene strömen: der Göttervater selbst soll darin geboren worden sein.

Wieder einmal ist die Geschichte recht drastisch. Chronos, der Vater des Zeus und Namensgeber aller Chronometer, verschlang all seine Kinder gleich nach der Geburt durch seine Gemahlin Rhea, um von ihnen nicht entthront zu werden. Den Zeus aber gebar seine Gemahlin heimlich in eben jener Höhle; statt des Kindes gab sie dem Vater einen Stein zu verschlingen. Ohne diese mutige Tat hätte Zeus Chronos später nicht entmachten können. Dann hätte er auch nicht jene phönizische Königstochter entführt - und unser KOntinent hieße heute wohl ganz anders.

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