Ansichten und Reiseberichte eines Griechenlandreisenden
Von Klaus Bötig | 16.März 2012
Was fasziniert mich an Griechenland und den Griechen? Viele Mosaiksteinchen geben die Antwort. Meine Begegnung mit dem Schattenspieler in Athen zum Beispiel.
Ich streifte durchs Thissio-Viertel und stand ganz überrascht vor einem neuen Museum in einer alten Hutfabrik. Es war der Schattenspielerfamilie Charidimos aus Piräus gewidmet. Ich trat ein, schaute mir die Karagiozis-Figuren, Plakate und Szenenbilder an. Auf der Bühne war eine Schattenspielbühne aufgebaut. Ich schaute dahinter – und sah Herrn Charidimos, der mit ein paar Figuren zugange war. Wir unterhielten uns über seine Kunst und alte Zeiten, als Schattenspieler noch durch Griechenland und über seine Inseln zogen, um auf Dorfplätzen Gastspiele zu geben. Am Ende kam die obligatorische Frage „Ti doulja kanis esi – welche Arbeit hast du?“. Als er hörte, dass ich Journalist bin, bat er mich um meine Visitenkarte und versprach, mir bald Post nach Deutschland zu senden.
Schon eine Woche später traf der Brief in Bremen ein. Die von Herrn Charidimos handgeschriebene Adresse hatte er buchstabengetreu meiner Visitenkarte entnommen, die allerdings in einer Oberzeile auch den vielleicht etwas großspurigen Werbeslogan >Keiner kennt Griechenland besser“ trug. Also war die Sendung an
Keiner kennt Griechenland besser, Klaus Bötig, Reisejournalist
gerichtet. Der Briefträger fragte gleich, ob er sich vor seinem nächsten Griechenlandurlaub ein paar Tipps von mir holen könne.
Der Inhalt des Briefs war weniger zum Schmunzeln geeignet, sondern zeugte vom Tiefsinn des einfachen Schattenspielers. Er hatte mir ein Bild gemalt, eine Mahnung ans journalistische Ethos. Sein einer Karagiozis-Figur nachempfundener Journalist ist eine schillernde Figur. In der Rechten trägt er Friedenstaube und Ölzweig, in der Linken ein Banner mit der Aufschrift „Friede der Welt“. Er ist eben ein >Dimosiographos tis Irinis – Journalist des Friedens”. Die Mahnung in der rechten unteren Ecke lese ich jetzt fast täglich: „Bringe die Erde nicht aus dem Gleichgewicht!“ Wenn das mehr Kollegen berücksichtigen würden…
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